Inhalt

Einleitung

1. Spendenentwicklung – Geldspendenvolumen

2. Spendenentwicklung – Trends, Quote und Internationales

3. Spendenzwecke und Struktur des Spendenwesens

4. Wichtige Ereignisse und Entwicklungen

Endnoten

Autor

Redaktion BBE-Newsletter

Einleitung

Dieser Beitrag dokumentiert wichtige Entwicklungen des deutschen Spendenwesens im zu Ende gehenden Jahr 2019. Die statistischen Erkenntnisse zur Spendenentwicklung in Deutschland sind nach wie vor lückenhaft, die einzelnen Erhebungen bedienen sich zudem unterschiedlicher Methoden und kommen somit auch zu teils deutlich voneinander abweichenden Resultaten. Der Zahlenteil dieser Situationsbeschreibung bildet die vorhandenen Teile des Mosaiks ab und setzt sie so zueinander in Beziehung, dass zumindest ansatzweise ein Gesamtbild erkennbar wird. Das DZI hat auch im Jahr 2019 weiter an den Beratungen im »Forum Zivilgesellschaftsdaten« mitgewirkt, das im September 2016 unter dem Dach der ZiviZ gGmbH beim Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. etabliert worden ist. Dem Forum gehören neben dem DZI und ZiviZ neun weitere Organisationen, Unternehmen und Institutionen an, die Dauerberichterstattung zu zivilgesellschaftlichen Themen durchführen. Im Januar 2019 wurde als gemeinsame Publikation der im Forum Zivilgesellschaftsdaten kooperierenden Institutionen der Datenreport Zivilgesellschaft [1] veröffentlicht. Das Buch kann beim Verlag kostenfrei online abgerufen werden, da das Projekt aus Mitteln des Bundesfamilienministeriums finanziert wurde. In fünf Kapiteln analysieren jeweils mehrere Autor*innen gemeinsam die Zivilgesellschaft in Deutschland bezüglich ihrer Organisationsformen, der Soziographie des Engagements, des Arbeitsmarkts, der Finanzierung und der Soziokulturellen Grundlagen.

1. Spendenentwicklung – Geldspendenvolumen

Die privaten Haushalte haben in Deutschland den Berechnungen des DZI zufolge im Jahr 2018 etwa 8,3 Mrd. Euro Geldspenden für gemeinnützige Zwecke geleistet und somit 2,5 Prozent mehr als 2017 (8,1 Mrd.). Das ist auch deshalb ein sehr positives Ergebnis, weil es 2018 im Unterschied zu 2017 keine von der Medienberichterstattung besonders unterstützten Spendenanlässe gegeben hat. Damals waren nach DZI-Berechnungen allein rund 92 Millionen Euro für die von der Hungersnot in Ostafrika betroffenen Menschen gespendet worden. Die Hochrechnung des Geldspendenvolumens 2018 stützt sich auf den DZI Spenden-Index und auf Berechnungen des Spendenvolumens privater Haushalte, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) 2011 für das Bezugsjahr 2009 veröffentlicht haben. Das DIW hat das Geldspendenvolumen auf Basis der neueren SOEP-Daten für 2014 in öffentlichen Äußerungen bereits mit 8 Mrd. Euro angegeben. Da hierzu aber bisher keine umfassende wissenschaftliche Studie vorliegt, bezieht sich das DZI mit seinen Hochrechnungen zunächst weiter auf die Veröffentlichungen von WZB und DIW aus dem Jahr 2011. Eine Aktualisierung der Berechnung plant das DZI in Zusammenarbeit mit dem DIW für das Jahr 2020. Im Ergebnis dürfte sich die DZI-Berechnung des Spendenvolumens privater Haushalte dadurch auf derzeit deutlich über 9 Mrd. Euro erhöhen.

Für den nach wie vor bestehenden Unterschied zu dem vom Dachverband Deutscher Spendenrat e.V. und der GfK SE angegebenen Spendenvolumen (2018: 5,3 Mrd.) gibt es keine vollständig befriedigende Erklärung. Ein Grund dürfte sein, dass vom Spendenrat Einzelspenden von über 2.500 Euro nicht berücksichtigt werden. Außerdem befragen Spendenrat und GfK die Bevölkerung bereits ab einem Alter von 10 Jahren (SOEP ab 18 Jahre). Die methodischen Unterschiede der wichtigsten Erhebungen zur deutschen Spendenstatistik hat DZI-Mitarbeiter Karsten Schulz-Sandhof in seinem Fachbeitrag im DZI Spenden-Almanach 2018 [2] näher untersucht.

Im November 2019 legte zusätzlich auch der Deutsche Fundraising Verband e.V. [3] Schätzungen zum Spendenvolumen privater Haushalte vor. Dazu hat er nach eigenen Angaben die existierenden Datenquellen neu gesichtet und bewertet. Im Ergebnis beziffert er das derzeitige Geldspendenvolumen der privaten Haushalte auf rund 12 Mrd. Euro pro Jahr. Der Fundraising Verband spricht sich außerdem dafür aus, auch das jährliche Kirchensteueraufkommen von aktuell 12,4 Mrd. Euro in die Spendensumme einzubeziehen, da das deutsche Kirchensteuersystem international eine Ausnahme darstellt und in den meisten anderen Ländern die entsprechenden kirchlichen Zwecke stattdessen durch Spenden finanziert werden.

Zusätzlich zu den privaten Haushalten spenden auch die deutschen Unternehmen Geld für gemeinnützige Zwecke. Diese Unternehmensspenden betragen nach Angaben des Ende 2018 veröffentlichten CC-Survey (Corporate Citizenship) derzeit rund 9,5 Mrd. Euro jährlich. Die ihm zugrunde liegenden Daten wurden zwischen November 2017 und Februar 2018 erhoben. Der CC-Survey [4] wird federführend vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. und der Bertelsmann Stiftung erarbeitet. Derzeit läuft, noch bis Anfang 2020, eine zweite Erhebungswelle. Die neuen Zahlen wollen Stifterverband und Bertelsmann Stiftung im ersten Halbjahr 2020 veröffentlichen.

2. Spendenentwicklung – Trends, Quote und Internationales

Folgt man der Datensammlung »Spendenjahr 2019: Trends und Prognose«, die Anfang Dezember 2019 vom Dachverband Deutscher Spendenrat e.V. und der GfK SE vorgelegt wurde, so hat sich das Spendenaufkommen von Januar bis September 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht verringert (-1,3 Prozent). Ähnlich wie 2018 hat es bisher auch 2019 keine von der Medienberichterstattung besonders unterstützten Spendenanlässe gegeben. Der Spendenrat und die GFK SE stellen auch heraus, dass die Zahl von Spenderinnen und Spendern auf nur noch 23,4 Prozent gesunken sei (Januar bis September 2018: 24,5 Prozent). Betrachtet man die Werte etwa der zurückliegenden elf Jahre genauer, so lässt sich feststellen, dass neben den besonders niedrigen Werten von 23,4 und 24,5 Prozent (Januar bis September 2019 bzw. 2018) und drei auf Sonderfaktoren zurückzuführenden »Ausreißern« nach oben von 27,1 Prozent (Januar bis September 2015, Spenden für Nepal und Geflüchtete in Deutschland), 27,8 Prozent (Januar bis September 2013, Flut Deutschland, Taifun Haiyan) und 29,6 Prozent (Januar bis September 2010, Flut Pakistan, Erdbeben Haiti) die Spenderquote ansonsten nur Werte im Bereich von 25 bis 26 Prozent aufweist und somit letztlich als verhältnismäßig stabil bewertet werden kann.

Diese Einschätzung findet sich auch bestätigt, wenn man die internationale Erhebung der Spenderquote berücksichtigt, die seit dem Bezugsjahr 2009 der online kostenfrei abrufbare WORLD GIVING INDEX der britischen Charities Aid Foundation (CAF) dokumentiert. Berichts- und Erhebungsjahr weichen hier jeweils um ein Jahr voneinander ab. Die Daten des im Oktober 2018 veröffentlichten WORLD GIVING INDEX 2018 wurden im Jahr 2017 durch das Meinungsforschungsinstitut Gallup in 146 Staaten weltweit erhoben. In Deutschland ist danach die Spenderquote in der Bevölkerung (ab 15 Jahre) 2017 mit 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr konstant geblieben. Im achtjährigen Vergleich (2009-2017) schwankt die deutsche Spenderquote gemäß World Giving Index zwischen 42 Prozent und 58 Prozent, wobei die drei jüngsten Bezugsjahre 2015, 2016 und 2017 mit 58, 55 und nochmals 55 Prozent sogar die höchsten Werte der Zeitreihe aufweisen. Damit ist die Spendenbeteiligung in Deutschland zwar immer noch geringer als etwa in Großbritannien (2017: 68 Prozent), den Niederlanden (66 Prozent), Norwegen (65 Prozent), den USA (61 Prozent) oder der Schweiz (60 Prozent), nimmt aber im Feld der 146 untersuchten Staaten mit Platz 19 einen hohen Rang ein.

Der World Giving Index wurde für das Erhebungsjahr 2018 nicht neu aufgelegt, da das Meinungsforschungsinstitut Gallup methodische Veränderungen an der zugrunde liegenden Erhebung vorgenommen hat, die zunächst sorgfältig ausgewertet werden sollen, bevor voraussichtlich im Herbst 2020 neue Zahlen veröffentlicht werden.

3. Spendenzwecke und Struktur des Spendenwesens

Über die Aufteilung der Spenden auf unterschiedliche gemeinnützige Zwecke gibt die BILANZ DES HELFENS 2018 Auskunft. Sie wurde im Februar 2019 vom Deutschen Spendenrat e.V. und der GfK vorgestellt. Im Jahr 2018 entfielen 73,7 Prozent der Spenden auf die Humanitäre Hilfe, 5,8 Prozent auf Tierschutz, 3,3 Prozent auf Umwelt-/Naturschutz, 3,2 Prozent auf Sport, 2,5 Prozent auf Kultur-/Denkmalpflege, und 11,6 Prozent auf sonstige gemeinnützige Zwecke. Eindeutige Angaben zur Gesamtzahl der Spendenorganisationen in Deutschland gibt es schon allein deshalb nicht, weil die Bezeichnung »Spendenorganisation« nicht klar definiert ist.

Abb.: Bestandsaufnahme der zivilgesellschaftlichen Strukturen in Deutschland

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Der Mitte 2017 veröffentlichte »ZIVIZ-SURVEY 2017« von Dr. Holger Krimmer, Jana Priemer und Anaël Labigne bietet eine umfassende Bestandsaufnahme der zivilgesellschaftlichen Strukturen in Deutschland im Jahr 2016. Demzufolge gab es im Jahr 2016 in Deutschland 633.922 zivilgesellschaftliche Organisationen: Zur Anzahl nicht eingetragener Vereine sowie kirchlicher Stiftungen, die der Zivilgesellschaft ebenfalls zuzurechnen wären, gibt es für Deutschland im Übrigen keine genauen Schätzungen.

Der Sektor finanzierte sich dem ZIVIZ-SURVEY 2017 zufolge zu 39 Prozent aus Mitgliedsbeiträgen, 20 Prozent aus selbsterwirtschafteten Mitteln, 19 Prozent aus Spenden, 11 Prozent aus öffentlichen Mitteln, 4 Prozent aus Sponsorengeldern, 3 Prozent aus Vermögenserträgen und zu 2 Prozent aus sonstigen Einnahmen (Abweichung auf 100 Prozent ist rundungsbedingt).

Spenden nehmen alle zivilgesellschaftlichen Organisationen gern entgegen. Aber nur ein kleiner Teil, geschätzt 2.000 bis 3.000, wirbt regelmäßig, systematisch und überregional um Spenden. Rund 1.200 von diesen dokumentiert die Spenderberatung des DZI in unterschiedlicher Intensität, abhängig von der Häufigkeit der ihm zur jeweiligen Organisation zugehenden Anfragen.

4. Wichtige Ereignisse und Entwicklungen

Die 2010 gestartete »Initiative Transparente Zivilgesellschaft« konnte die Zahl der ihr angeschlossenen Unterzeichner 2019 um rund 180 Organisationen und damit deutlich stärker als in den Vorjahren erhöhen. Mitte Dezember 2018 haben sich fast 1.270 Organisationen und Einrichtungen zur Veröffentlichung der zehn von der ITZ festgelegten Basisinformationen entschlossen. Dieses niedrigschwellige Transparenzinstrument wird federführend von Transparency International Deutschland betrieben und von einem Trägerkreis koordiniert, dem unter anderem auch das DZI angehört. Das DZI unterstützt die Haupt- und Ehrenamtlichen bei Transparency International Deutschland bei der administrativen Umsetzung der ITZ.

Verunsicherung hat 2019 bei vielen Spenden sammelnden Organisationen der Verlust des Status der Gemeinnützigkeit insbesondere bei den Organisationen Campact e.V. und der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten VVN-BdA e.V. gesorgt. Dies war ein Themenschwerpunkt vieler Fachveranstaltungen, darunter auch des DZI Spenden-SiegelFORUMs [5] im Mai 2019.

Endnoten

  1. www.springerprofessional.de/datenreport-zivilgesellschaft/16348368
  2. www.dzi.de/wp-content/pdfs_Spenderberatung/DZI%20Spenden-Almanach%202018.pdf
  3. www.dfrv.de/blog/2019/11/28/pressemitteilung-spendenpotenzial/
  4. www.unternehmensengagement.de
  5. www.dzi.de/spenderberatung/spenden-siegelforum/spenden-siegelforum-2019/

Beitrag im Newsletter Nr. 25 vom 12.12.2019

Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autor

Burkhard Wilke ist Geschäftsführer und wissenschaftlicher Leiter des Deutsches Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI)

Kontakt: wilke(at)dzi.de

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