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Nach wie vor ungebrochen hohe Spendenbereitschaft in Deutschland
DZI Spenden-Index
Spendenvolumen Deutschland
»Nach 2005 und 2010 ist dies der drittgrößte Anstieg des Spendenvolumens in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren«
Im Ergebnis errechnet sich daraus für das Jahr 2020 ein Gesamtspendenvolumen in Höhe von 11,7 Milliarden Euro – 11,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Nach 2005 (Tsunami in Südostasien Ende 2004, Erdbeben in Pakistan) sowie 2010 (Erbeben in Haiti, Überflutungen in Pakistan) ist dies der drittgrößte Anstieg des Spendenaufkommens in Deutschland. Zu Beginn der Indexreihe im Jahr 2000 belief sich das Spendenvolumen auf 5,6 Milliarden Euro. Seither ist es im geometrischen Mittel pro Jahr um nominal 3,7 Prozent gestiegen. Real betrachtet, also bereinigt um die allgemeine Preissteigerung, lag der jährlich Zuwachs im Durchschnitt bei 2,3 Prozent.
SOEP versus Bilanz des Helfens
Corona-Auswirkungen
Gemäß der Umfrage des DZI vom Frühjahr 2021 zeigen sich bei der Entwicklung der Spendeneinnahmen Unterschiede zwischen den Spenden-Siegel-Organisationen, die ihre Spenden überwiegend im Ausland einsetzen (115 von 159 Teilnehmenden) und denen, die sie überwiegend in Deutschland verwenden (44 Organisationen). 61 Prozent der Hilfswerke mit Auslandsschwerpunkt meldeten Spendenzuwächse, aber nur 49 Prozent der vorwiegend in Deutschland tätigen. In etwa konstante Spendeneinnahmen berichteten beide Arten von Organisationen in gleichem Maße (26 Prozent Ausland, 24 Prozent Inland). Weniger Spenden erhielten aber immerhin 27 Prozent der im Inland tätigen Organisationen, jedoch nur 13 Prozent der auf das Ausland fokussierten Einrichtungen. Inwieweit diese Unterschiede bei der Spendenentwicklung auf die Pandemie zurückzuführen sind, kann nicht klar benannt werden.
Konkret erfragt wurde der Corona-Kontext hinsichtlich der Auswirkungen auf die Programmarbeit, den Beschäftigungsumfang und eine mögliche existentielle Bedrohung der jeweiligen Organisation. Letztere verneinten 97 Prozent der 158 antwortenden Hilfswerke. Bei 71 Prozent der teilnehmenden Hilfswerke gab es 2020 keine Auswirkungen auf den Beschäftigungsumfang, fünf Prozent stellten sogar zusätzliche Kräfte ein, während zehn Prozent sich von Beschäftigten trennen mussten; 14 Prozent der Befragten arbeiten ausschließlich ehrenamtlich. Sehr viel stärker sind die Auswirkungen der Pandemie auf die Programmarbeit der Hilfswerke: Jeweils 57 Prozent von ihnen berichten von zeitlichen Verzögerungen sowie notwendig gewordenen inhaltlichen Anpassungen. Bei 48 Prozent der Organisationen waren Projektpartner in einer schwierigen Situation. 41 Prozent hatten finanziellen Mehrbedarf und 28 Prozent mussten Projekte oder Leistungen kürzen. Nur 4 Prozent der Organisationen zogen Personal aus Projektländern ab.
Durch seine vielfältigen Kontakte zu Spenden sammelnden Organisationen erhielt das DZI neben seinen Umfragen auch individuelle Rückmeldungen über Auswirkungen der Corona-Krise, die die Tätigkeit der Organisationen zum Teil auch dauerhaft verändern dürften. Unter den relativ wenigen Hilfswerken, die Spendenrückgänge erlitten, waren vor allem auch solche, die bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit bisher stark auf Präsenzveranstaltungen gesetzt haben, wie zum Beispiel Spendenläufe, Vorträge oder andere Benefizveranstaltungen. Nicht wenige von ihnen haben unter dem Anpassungsdruck für sie neue Kommunikationsformen entwickelt, wie etwa Briefwerbung, Newsletter oder andere, vor allem digitale, Formen der Öffentlichkeitsarbeit – und nicht selten mit für sie überraschendem Erfolg.
Internationaler Vergleich
Auch in anderen Ländern hat sich die Spendenbereitschaft im Corona-Jahr 2020 positiv entwickelt. So rechnet die Stiftung ZEWO für die Schweiz mit einer Zunahme der Spenden privater Haushalte um fünf Prozent auf mehr als 2 Milliarden Franken. In Großbritannien berichtet die Charities Aid Foundation (CAF) von einem Zuwachs der Geldspenden von Januar bis Juni 2020 um rund 17,3% auf 5,4 Mrd. Pfund . Die Gründe für die gestiegene Spendenbereitschaft dürften vielfältig sein. Offenbar sind viele Medienberichte und Aufrufe von Nichtregierungsorganisationen zu den Spender*innen durchgedrungen, in den auf die deutlich verschlechterte Situation vieler Menschen in ärmeren Regionen der Welt aufmerksam gemacht wurde. Nicht zuletzt aber hat ein Großteil der Bevölkerung durch die pandemiebedingten Einschränkungen weniger Geld für den eigenen Konsum verbraucht als sonst üblich; die Sparquote hat sich der Süddeutschen Zeitung zufolge von elf auf 16 Prozent erhöht, das heißt, dass die Menschen in Deutschland Ende 2020 rund 100 Milliarden Euro mehr auf der hohen Kante liegen hatten als ein Jahr zuvor. Zumindest einen kleinen Teil davon haben sie also in zusätzliche Geldspenden umgemünzt.