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Die Rolle der LINKEN
Ein Demokratiefördergesetz muss die Gefährdung von rechts im Blick haben
Freiwilligendienste, Bürgerräte, Wertschätzung – es gibt einiges aufzuholen
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Redaktion
Die Rolle der LINKEN
Die neue Bundesregierung hat sich einiges vorgenommen im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements. SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP haben sich im Koalitionsvertrag auf wichtige Projekte geeinigt: So z. B. die Einbringung eines Demokratiefördergesetzes, die Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts oder der Ausbau der Freiwilligendienste. Bei all diesen Themen gibt es dringenden Handlungsbedarf, wurden sie doch in den letzten 16 Jahren von den CDU-geführten Regierungen stark vernachlässigt. Die Rolle der LINKEN wird es sein, die Umsetzung dieser Vorhaben im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement des Bundestags, dem ich angehöre, kritisch zu begleiten und Schwerpunkte zu setzen, die die Ampelkoalition vernachlässigt – der Einsatz für Vielfalt und Anti-Rassismus im bürgerschaftlichen Engagement, die Frage der sozialen Gerechtigkeit, und nicht zuletzt der Abbau von Barrieren im bürgerlichen Engagement, um diesem Thema endlich Wertschätzung zu zeigen.
Ein Demokratiefördergesetz muss die Gefährdung von rechts im Blick haben
Auf dem Feld der Demokratieförderung gibt es viel Nachholbedarf. Seit Bestehen der LINKEN haben wir uns in zahlreichen Anträgen im Bundestag für eine ausreichende finanzielle Absicherung und eine dauerhafte Förderung der Projektelandschaft zur Demokratieförderung und Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rassismus eingesetzt. Daher unterstützen wir natürlich grundsätzlich die Einführung eines solchen Demokratiefördergesetzes. Jedoch braucht es DIE LINKE im Bundestag und im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement, damit in diesem Gesetz wichtige Aspekte nicht vernachlässigt werden. Die größte Gefahr für die Demokratie in Deutschland sind zweifelsohne der Rechtspopulismus und -Extremismus, sowie eine auch damit zusammenhängende zunehmende Verbreitung von Verschwörungserzählungen. Die versuchte Erosion demokratischer Institutionen und Gedankengüter wird hauptsächlich von rechter Seite betrieben, im Parlamentarismus durch die AfD vertreten. Daher muss ein Demokratiefördergesetz genau dies im Blick haben. Es muss die Zivilgesellschaft stärken, die sich gegen Rassismus und Rechtsextremismus einsetzt, anstatt sie zu kriminalisieren. Dazu gehört die starke finanzielle Unterstützung von Beratungen und Demokratiebündnissen, aber auch die Reform des Abgaberechts, damit bei zivilgesellschaftlichen Vereinen wie Change.org, Campact und Attac die Gemeinnützigkeit anerkannt werden kann. Dies ist ein längst notwendiger Schritt.
Freiwilligendienste, Bürgerräte, Wertschätzung – es gibt einiges aufzuholen
Ein weiteres Vorhaben der Bundesregierung im Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements ist der Ausbau der Freiwilligendienste. Auch dies werden wir kritisch begleiten. Der Ausbau von Jugendfreiwilligendiensten ist zu begrüßen. Weiterhin muss dem Ehrenamt Wertschätzung gezeigt werden. Hier schlagen wir einen bundesweit einheitlichen Freiwilligenpass vor, der Vergünstigungen ermöglicht, sowie die Schaffung eines Hauptausschusses Bürgerschaftliches Engagement, um ehrenamtlichem Engagement auch politisch einen höheren Stellenwert zu geben. Zu unserer Position gehört jedoch auch, dass das Ehrenamt nicht die Kernaufgaben des Staates übernehmen darf. Die öffentliche Daseinsvorsorge darf nicht durch Bürgerschaftliches Engagement geleistet werden. Des Weiteren brauchen Ehrenämter Strukturen, die sie unterstützen. Dies sind die Hauptämter, die ausgebaut werden müssen. Schlussendlich darf im Bereich des Ehrenamts auch keine Monetarisierung stattfinden, und somit ein weiterer prekärer Arbeitsmarkt geschaffen werden.
Ein weiteres relevantes Thema, das viel Diskussionspotenzial birgt, sind die Bürgerräte. Die Koalitionsparteien haben sich auf die Einführung dieser geeinigt, und auch meine Partei hat sich in der Vergangenheit dahingehend offen geäußert, jedoch gewisse Bedingungen vorausgesetzt. Bürgerräte müssen ein ergänzendes Element zu Volksbegehren sein, um echte demokratische Legitimation zu erhalten. Außerdem muss in der Gestaltung der Bürgerräte darauf geachtet werden, dass tatsächlich alle Bürgergruppen repräsentiert werden, und sie nicht nur von bestimmten privilegierten Menschen gebildet werden.
Ob in der demokratiepolitischen Gestaltung oder der Rahmensetzung für freiwilliges Engagement: Der Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement nimmt sich wichtiger Aufgaben an, die die Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben betrifft. Eine starke Zivilgesellschaft ist ein essenzieller Bestandteil einer funktionierenden Demokratie. Gerade in den aktuellen Krisen, Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg, haben wir erlebt, wie wichtig sie ist. Ohne freiwilliges Engagement wären die Folgen der Pandemie nicht zu stemmen, und die Erstaufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine nicht möglich gewesen. Daher sehe ich es als meine Verantwortung, mich im Bundestag bzw. Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement für eine Politik einzusetzen, die die richtigen Rahmenbedingungen setzt, um freiwilliges Engagement für alle Menschen in Deutschland zu ermöglichen, bei gleichzeitiger Wertschätzung dieses Einsatzes. Es gibt einiges aufzuholen. Für eine wehrhafte, anti-rassistische und vielfältige Zivilgesellschaft lohnt es sich im Bundestag zu kämpfen.
Beitrag im Newsletter Nr. 12 vom 16.6.2022
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.
Autorin
Gökay Akbulut, MdB, ist Obfrau der Fraktion DIE LINKE im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engagement.
Kontakt: goekay.akbulut@bundestag.de
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