Die Ergebnisse zeigen weiterhin, dass ihre Werteorientierung den Engagierten nicht bewusst ist. Die unbewusste Werteorientierung der Engagierten führt über die Engagementform zu Gruppenprozessen, d.h. Engagierte, die die gleichen Werte teilen, üben oftmals ähnliches Engagement aus und schließen sich schlussendlich zusammen[11]. Als Resultat hat die unbewusste Werteorientierung über die Engagementform gleichzeitig indirekt negative Auswirkungen auf die Fremdsicht und die Gesprächskultur, da die anderen, die sich anders engagieren und dabei nicht die gleichen Werte teilen, abgewertet werden. Als Verstärker[12] fungiert dabei die Selbstwirksamkeitserfahrung der Engagierten. Es wurde herausgefunden, dass alle Engagierten mit ihrem Einsatz etwas bewirken wollen und sie davon überzeugt sind, etwas Sinnvolles und das Richtige zu tun. In Kombination mit der unbewussten Wertediskrepanz führt gerade diese Überzeugung dazu, dass es zu blinden Flecken in der Wahrnehmung der Engagierten nach dem Motto »Nur das eigene Engagement ist das Richtige« kommt, obwohl die verschiedenen Engagierten äußern, einen fairen Dialog zu wünschen. Zusammenfassend möchte das Buch allen Lesern und Leserinnen Einblicke in das komplexe Enagementgeschehen geben. Freuen würde sich das Autorenteam, wenn mit dem Buch alle Leser und Leserinnen und speziell die im Rahmen der Flüchtlingsthematik Engagierten, zur Selbstreflexion und zum Perspektivenwechsel angeregt würden. Die sog. Gegenseite könnte dann vielleicht etwas differenzierter betrachtet werden. Dadurch erhofft sich das Autorenteam einen Teil zur Verbesserung der Diskurskultur zwischen Engagierten mit verschiedenen Ansichten zu leisten.
Das SI-EKD führt aufbauend auf dieser qualitativen Studie derzeit eine zweite quantitative Studie durch.
Endnoten
[1] https://www.nomos-shop.de/titel/fluechtlingsaufnahme-kontrovers-id-87887/
[2] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (BMFSFJ, 2017). Zweiter Bericht über die Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in der Bundesrepublik Deutschland - Schwerpunkt: Demografischer Wandel und bürgerschaftliches Engagement: Der Beitrag des Engagements zur lokalen Entwicklung, Berlin.
[3] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ, 2012), Für eine Kultur der Mitverantwortung. Erster Engagementbericht, Bürgerschaftliches Engagement in Deutschland – Schwerpunkt: Engagement von Unternehmen, Berlin.
[4] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (BMFSFJ, 2017). Zweiter Bericht über die Entwicklung des bürgerschaftlichen Engagements in der Bundesrepublik Deutschland - Schwerpunkt: Demografischer Wandel und bürgerschaftliches Engagement: Der Beitrag des Engagements zur lokalen Entwicklung, Berlin.
[5] https://www.sueddeutsche.de/leben/willkommenskultur-fuer-fluechtlinge-was-hinter-der-hilfsbereitschaft-der-deutschen-steckt-1.2642991
[6] Rüttgers, M. (2017). Analyse: Die »dunkle Seite der Zivilgesellschaft«–Weniger Empörung, mehr Aufklärung bitte!. Forschungsjournal Soziale Bewegungen, 30(2), 200-204.
[7] Behrendes, U. (2016). Die Kölner Silvesternacht 2015/2016 und ihre Folgen: Wahrnehmungsperspektiven, Erkenntnisse und Instrumentalisierungen. Neue Kriminalpolitik, 322-343.
[8] https://www.sueddeutsche.de/politik/demokratie-unter-stress-eine-kulturelle-trennlinie-durchschneidet-deutschland-1.4067239?reduced=true
[9] Bei den beiden O-Tönen handelt es sich um originale Aussagen der interviewten Engagierten aus dem Buch Kumbruck, C., Dulle, M., & Vogt, M. (2020). Flüchtlingsaufnahme kontrovers. Einblicke in die Denkwelten und Tätigkeiten von Engagierten. Baden-Baden: Nomos Verlag.)
[10] Kumbruck, C., Dulle, M., & Vogt, M. (2020). Flüchtlingsaufnahme kontrovers. Einblicke in die Denkwelten und Tätigkeiten von Engagierten. Baden-Baden: Nomos Verlag.
[11] Tajfel, H. (1970). Experiments in intergroup discrimination. Scientific American, 223(5), 96-103.
[12] Skinner, B. F. (1938). The Behavior of Organisms: An Experimental Analysis. New York: Appleton-Century.
Beitrag im Newsletter Nr. 13 vom 2.7.2020
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.
Zurück zum Newsletter
Autor*innen
Prof. Dr. Christel Kumbruck ist promovierte und habilitierte Arbeits- und Organisationspsychologin, Arbeitswissenschaftlerin und emeritierte Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Osnabrück. Sie ist Projektleiterin für den qualitativen Teil des Projekts »Zivilgesellschaftliches Engagement: Was bewegt Menschen in Deutschland dazu, sich im Rahmen der Flüchtlingsthematik zu engagieren?«.
Kontakt: c.kumbruck@hs-osnabrueck.de
Maik Dulle ist studierter Arbeits- und Organisationspsychologe und war von 2018-2019 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Osnabrück im Projekt »Zivilgesellschaftliches Engagement: Was bewegt Menschen in Deutschland dazu, sich im Rahmen der Flüchtlingsthematik zu engagieren?« tätig. Derzeitig promoviert er an der Universität Bremen.
Kontakt: dulle@uni-bremen.de
Marvin Vogt ist studierter Wirtschaftspsychologe. Ab 2019 war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Osnabrück im Projekt »Zivilgesellschaftliches Engagement: Was bewegt Menschen in Deutschland dazu, sich im Rahmen der Flüchtlingsthematik zu engagieren?« beteiligt. Aktuell studiert er an der University of Sussex.
Kontakt: mv294@sussex.ac.uk
Redaktion
BBE-Newsletter für Engagement und Partizipation in Deutschland
Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE)
Michaelkirchstr. 17/18
10179 Berlin
Tel.: +49 30 62980-115
newsletter@b-b-e.de
www.b-b-e.de