Die Zivilgesellschaft in der Pandemie zwischen Solidarität und Egoismus, Disziplin und Entnervung
Dr. Thomas Röbke
Inhalt
»Nach Corona?« Eine Zwischenbilanz in den Zeiten der Pandemie. Tagung Evangelische Akademie Tutzing 19. Juni 2021
Corona – ein anderer Krisenmodus
1. Akute Herausforderungen durch die Pandemie
Bürgerschaftliches Engagement als wichtige Ressource der Krisenbewältigung
2. Corona als Katalysator
3. Grundsätzliche Strukturveränderung der Zivilgesellschaft
Literatur
Autor
Redaktion
»Nach Corona?« Eine Zwischenbilanz in den Zeiten der Pandemie. Tagung Evangelische Akademie Tutzing 19. Juni 2021
Vor welche Herausforderungen stellt die Corona-Krise das bürgerschaftliche Engagement? Welche Auswirkungen hat sie auf die Zivilgesellschaft? Was könnten langfristige Folgen sein, auch wenn die Pandemie eingedämmt ist? Fördert die Krise die weitere Individualisierung moderner Gesellschaften oder eher den gesellschaftlichen Zusammenhalt?
Corona – ein anderer Krisenmodus
In vielen tiefgreifenden Krisen der letzten Jahre hat sich das Bürgerschaftliche Engagement als Rettungsanker erwiesen. Man denke an die Flutkatastrophen 2002 und 2013, in denen nicht nur die Freiwilligen von Rotem Kreuz oder THW Enormes leisteten, sondern auch viele Spontanhelferkreise entstanden, die Sandsäcke schleppten oder Keller auspumpten. Ähnlich war es in der Zeit, als viele geflüchteten Menschen 2015 in Deutschland ankamen. Das Ehrenamt war als Erstversorgung genauso zur Stelle wie als menschliche Begleitung bis hin zu längeren Patenschaften, die nicht nur das Ankommen, sondern auch die Integration erleichterten. Öffentlich wurde immer wieder betont, dass diese schwierigen Situationen ohne Ehrenamt eigentlich gar nicht hätten gemeistert werden können.
Die Coronakrise ist von anderem Kaliber. Das Bürgerschaftliche Engagement wurde politisch nicht wirklich gesehen in seinen Chancen, aber auch nicht in seiner Not. Andere Themen und Zielgruppen standen im Fokus. Das Ehrenamt war nicht laut und hat sich brav hintenangestellt.
Ich möchte die ambivalenten Wirkungen der Corona-Krise in drei Bemerkungen vertiefen: Zunächst: Was waren die akuten Herausforderungen für das Bürgerschaftliche Engagement? Zweitens: Die Krise hat auf das Bürgerschaftliche Engagement und seine Organisationsformen wie ein Katalysator gewirkt und bestimmte Entwicklungen, die sich schon abzeichneten, beschleunigt. Ich möchte dies an zwei Beispielen kurz aufzeigen: An der Frage, wie sich der öffentliche Raum verändern wird und an der Frage der Digitalisierung. Und drittens wird die Pandemie möglicherweise Veränderungsprozesse in den Tiefenschichten der Zivilgesellschaft auslösen. Man kann derzeit sicher nur spekulieren. Ich will hier eine Denkrichtung anzeigen.
1. Akute Herausforderungen durch die Pandemie
Mit netten Leuten zusammenkommen ist eines der wichtigsten Motive, weswegen sich Menschen ehrenamtlich engagieren. (Simonson et. al. 2021) In der Corona-Krise hat das sehr gelitten. Sportvereine konnten nicht spielen, Kulturinitiativen keine Konzerte durchführen, viele Initiativen physisch nicht zusammenkommen. Unsere Partner im Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern haben diese Zeit wirklich als Krise erlebt. Selbsthilfegruppen, die auf persönliche Nähe angewiesen sind, konnten das auch nicht durch Online-Meetings wettmachen. Ebenso erging es unseren Seniorenbüros mit ihren Besuchsdiensten in Altenheimen. Das ging einfach nicht mehr. Und weil es in vielen Altenheimen kein W-LAN gibt, ließ sich das auch nicht durch virtuelle Nähe kompensieren. Unsere Mütter- und Familienzentren und Mehrgenerationenhäuser fragten sich von Tag zu Tag, bei stetig wechselnden Regelungen, ob sie öffnen können oder schließen müssen.
Hat die Krise auch Solidarität hervorgerufen? Sicher! Es gab Nachbarschaftshilfen, die etwa von unseren Freiwilligenzentren organisiert wurde. Aber vieles von dieser Bereitschaft wurde nicht abgerufen, vielleicht aus Angst vor dem Kontakt mit fremden Menschen, vielleicht, weil man lieber selbst zum Einkaufen gehen wollte, um nicht ganz den Kontakt zur Außenwelt zu verlieren.
Brüche in unserer Gesellschaft wurden sichtbarer. Wenn wir uns alle auf unruhiger See befinden, so sind doch einige auf komfortablen Yachten, aber viele in kleinen Booten und manche können sich nur mühsam über Wasser halten. Die werden dann größeren Gefahren ausgesetzt. Viele Bildungspatenschaften mit Kindern aus bildungsferneren Haushalten mussten eingestellt werden, weil diese gar nicht die Ausrüstung für eine Online-Betreuung zuhause haben. Die Krise hat die soziale Ungleichheit in unserer Gesellschaft vertieft. Das ist auch weltweit spürbar. Während zum Beispiel derzeit etwa zwei Prozent der Menschen des afrikanischen Kontinents geimpft sind, gilt das schon für die Hälfte der US-amerikanischen Bevölkerung. Das hat Prof. Lauterbach auf dieser Tagung als das größte Versagen hervorgehoben. Jetzt erst läuft langsam die Hilfe der wohlhabenden Länder an.
Bürgerschaftliches Engagement als wichtige Ressource der Krisenbewältigung
Solidarität ist ein zentraler Wert des Bürgerschaftlichen Engagement, das in vielen Fällen soziale Unterschiede auszugleichen hilft. Zum Beispiel durch die schon erwähnten Bildungspatenschaften. Aber die Politik hat lange das darin gegebene Potenzial nicht erkannt. Was wäre denn gewesen, wenn wir abgehängte Schülerinnen und Schüler gezielt durch Ehrenamtliche individuell online unterstützt hätten? Natürlich waren die Schulen mit vielen Themen beschäftigt, die Lehrerinnen und Lehrer überfordert. Aber keine Kultusbürokratie kam auf die Idee, dass Bürgerschaftliches Engagement eine wichtige Ressource der Krisenbewältigung hätte sein können. Jetzt erst werden zaghaft im Aufholpaket der Bundesregierung von den zwei Milliarden 30 Millionen für das Bürgerschaftliche Engagement reserviert. Und dann ist 2022 wieder Schluss mit dieser Förderung.
Es gibt mittlerweile Untersuchungen zu den Auswirkungen der Pandemie auf das Bürgerschaftliche Engagement. In dem von einigen Bundesländern beauftragten Ziviz-Engagementbarometer (Ziviz 2021) und Studien des Maecenata-Instituts (Schrader 2021) zeigt sich: Besonders betroffen sind ehrenamtliche Organisationen, insbesondere auf dem Land, die bei der Ausübung des Ehrenamtes nicht einfach auf Onlinekommunikation umstellen können und Vereine, die hauptamtliche Angestellte haben, weil das Finanzrisiko sehr groß ist und Initiativen, die auf Einnahmen aus Veranstaltungen angewiesen sind. Hier sprechen 26% von einer existenzbedrohenden Krise. Etwa ein Viertel der befragten Vereine gibt an, ehrenamtlich Aktive verloren zu haben. Gar 75% sagen, Mitgliedskündigungen wegen Corona erhalten zu haben. (Ziviz 2021)
Staatliche Unterstützungsprogramme greifen im Bürgerschaftlichen Engagement häufig nur ungenügend, weil es auch schwierig ist, den Ausfall genau zu beziffern oder die existenzielle Bedrohung nachzuweisen. Beantragungswege sind für Ehrenamtliche oft zu bürokratisch. Dabei geht es ja nicht um die großen Summen, die beispielsweise als Kurzarbeitergeld oder Wirtschaftshilfen ausgezahlt werden.
Im Kultur- und Sportbereich ist einiges in die Wege geleitet worden. Dabei zeigt sich ein weiteres Problem: Die Zersplitterung der Zivilgesellschaft. Vereinen, die traditionell in starke Verbände eingebunden sind und eine gute Lobby haben, fällt es leichter, sich politisch Gehör zu verschaffen, Coronahilfen durchzureichen und abzurechnen. Aber über die Hälfte aller Vereine und vor allem die wachsende Zahl informeller Initiativen sind nicht in Verbänden oder Netzwerken zusammengeschlossen. Diese haben es besonders schwer, an Unterstützung zu kommen. Zudem beschäftigt nun viele: Wie bekomme ich den Neustart hin? Mitglieder- und Einnahmeverluste sollen ausgeglichen, Ehrenamtliche zurückgewonnen werden.
Auch hier geht es um Priorisierungen: Nehmen Sie die vor Ausbruch der Pandemie so starke Bewegung »Fridays for Future«. Ihr Erfolg beruhte nicht zuletzt auf der Sympathie, die ihr auch aus Elternschaft oder aus den Schulen entgegenkam. Was aber werden Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sagen, wenn die Schule wieder in Normalbetrieb geht. Vielleicht heißt es dann: »Holt den Stoff nach! Wir können es uns nicht leisten, freitags zu demonstrieren?«
2. Corona als Katalysator
Seit Jahrzehnten schon kämpfen viele Dörfer um eine lebendige Mitte. Man spricht vom sogenannten Donut-Effekt, weil sich neue Siedlungen an den Rändern bilden, aber die Dorfmitte verwaist. Um sich diesen Tendenzen entgegenzustellen, setzen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vermehrt auf Bürgerschaftliche Engagement. Sie gründen Dorfläden, renovieren alte Fachwerkhäuser zu Vereinsheimen und Bürgerzentren etwa mit Mitteln der LEADER-Förderung, gründen eine Bürgergenossenschaft, die ein aufgelassenes Wirtshaus wieder zum Leben erweckt usw.
Die Frage wird sein: Geschehen nun derartige Dinge auch in den Städten, wenn die Läden dichtmachen und Amazon flächendeckend Einzug hält? In Klein- und Mittelstädten ist der Leerstand schon unübersehbar. Zudem haben viele Unternehmen am Homeoffice Geschmack gefunden und reduzieren ihre Büroflächen. Die COVID-Pandemie hat auch gezeigt, wie wichtig öffentliche Plätze sind, an denen man sich informell treffen kann. Fahrradaktivistinnen und –aktivisten erstreiten Pop-up-Radwege. Der Stadtraum gerät in Bewegung. Die Straßen werden grüner und belebt durch Nachbarschaftsinitiativen. Plattformen wie »www.nebenan.de« haben einen ungeheuren Aufschwung genommen. Stockholm, Amsterdam, Kopenhagen, Barcelona, Paris sind die Leuchttürme dieser Entwicklungen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass freiwillige Aktivitäten der Bürgerschaft einen neuen Raum bekommen und die Europäische Stadt noch einmal grundsätzlich neu gedacht werden muss. Nicht mehr als ausdifferenzierte Zonen von Leben, Arbeiten und Verkehr, wie es die Charta von Athen zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Vision erhob, sondern als Mischung von Leben, Arbeiten und bürgerschaftlicher Aktivität in lebendiger Nachbarschaft, die sich in jedem Stadtteil ausbreitet.
Mit dem Stichwort »www.nebenan.de« sind wir bei einem weiteren Entwicklungsschub für das Bürgerschaftliche Engagement: Der Digitalisierung. Im Ehrenamt haben in Riesenschritten, wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen, die Zoomkonferenz, die Signalgruppe oder Tools zur digitalen Kollaboration Einzug gehalten. Vereinsversammlungen werden virtuell ausgerichtet, souverän wird bspl. mit »www.votesup.eu« abgestimmt. Darin liegt eine Chance, dass mehr Menschen erreicht werden können als bei Präsenzveranstaltungen. Diese Erfahrung machen viele Vereine. Arbeitsgruppensitzungen sind besser besucht, weil man sonst eben lange anfahren muss. Fortbildungen haben sich erfolgreich im Netz etabliert. Vieles geschah einfach learning by doing. Wie groß der Bedarf der Zivilgesellschaft ist, zeigte sich beispielsweise bei einer Förderausschreibung zur Digitalisierung der neu gegründeten Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) 2020: Obwohl man 30 Millionen Euro zur Verfügung hatte und die Ausschreibungsfrist sehr knapp war, wurde das Programm zehnfach überzeichnet.
Dennoch auch hier ein Wermutstopfen: Die digitale Entwicklung war aus der Not geboren. Vieles wurde überstürzt. Es konnten nicht alle mitgenommen werden, es hat sich auch eine neue digitale Ungleichheit entwickelt, die durch nachträglichen Kompetenzaufbau in der Zivilgesellschaft aufzuholen ist. Zudem wurde in diesem Hopplahopp auf einiges nicht viel Wert gelegt, das eigentlich essentiell ist: zum Beispiel der Datenschutz, der ja auch ein Schutz von Bürgerrechten ist. Oder die Frage der demokratischen Teilhabe, des Diskurses, des Kompetenzaufbaus usw. Hier gilt es einiges nachzuarbeiten. Deshalb sind tiefere Denk- und Diskursprozesse, wie sie derzeit im Forum Digitalisierung des BBE laufen, so notwendig.
Weitere Informationen zum Forum Digitalisierung des BBE
3. Grundsätzliche Strukturveränderung der Zivilgesellschaft
Ob aus der Pandemie-Zeit mehr Empathie und Solidarität erwachsen werden? Das kann man heute noch nicht beurteilen. Man kann es nur hoffen. Es gab ja gleich zu Beginn der Pandemie Beiträge, die uns eine rosige Zukunft voraussagten, wie etwa vom bekannten Zukunftsforscher Matthias Horx. Er beschrieb in seinem vielgelesenen Text, gleichsam in einem fiktiven Rückblick auf die Corona-Krise: »Wir werden uns wundern, dass die sozialen Verzichte, die wir leisten mussten, selten zu Vereinsamung führten. Im Gegenteil. Nach einer ersten Schockstarre fühlten viele von sich sogar erleichtert, dass das viele Rennen, Reden, Kommunizieren auf Multikanälen plötzlich zu einem Halt kam. Verzichte müssen nicht unbedingt Verlust bedeuten, sondern können sogar neue Möglichkeitsräume eröffnen. Das hat schon mancher erlebt, der zum Beispiel Intervallfasten probierte – und dem plötzlich das Essen wieder schmeckte. Paradoxerweise erzeugte die körperliche Distanz, die der Virus erzwang, gleichzeitig neue Nähe. Wir haben Menschen kennengelernt, die wir sonst nie kennengelernt hätten. Wir haben alte Freunde wieder häufiger kontaktiert, Bindungen verstärkt, die lose und locker geworden waren. Familien, Nachbarn, Freunde, sind näher gerückt und haben bisweilen sogar verborgene Konflikte gelöst. Die gesellschaftliche Höflichkeit, die wir vorher zunehmend vermissten, stieg an.«
Ich halte das für Sozialromantik. Mein prägendes Erlebnis hierzu war die Bankenkrise 2008. Damals prophezeiten viele Kommentare das Ende eines zu gierig gewordenen Kapitalismus. Nicht nur die Cum-Ex-Skandale oder der Bitcoinhype lehrten uns schnell, dass eher das Gegenteil der Fall war oder man zumindest zum Business as usual überging.
Verändert sich also nichts nach der Pandemie? Vielleicht. Es kann auch zu nicht sichtbaren tektonischen Verwerfungen kommen, die unsere Gesellschaft fundamental verändern, aber erst später an die Oberfläche gelangen. Ein Anzeichen sehe ich beispielsweise in der Bedeutung des Wortes Solidarität. Dies meint ja ursprünglich, dass Menschen aus gemeinsamer Betroffenheit gegen eine erfahrene Ungerechtigkeit auf die Straße gehen, ihre Benachteiligung öffentlich machen und dagegen aufbegehren. Nun redet man von Solidarität, wenn sich Menschen in den eigenen vier Wänden isolieren, um nicht andere anzustecken.
Vielleicht werden wir auch eine andere Naherfahrung haben. Menschen lernen sich oft kennen und bauen gegenseitig Vertrauen auf, wenn sie sich sprichwörtlich »riechen können«. Wie können wir Erfahrungen lebendig verkörpern, wenn wir die Nahsinne verkümmern lassen: Riechen, Schmecken, Fühlen, Berühren etc. werden gegenüber den Fernsinnen Sehen und Hören, deren Reichweiten medial mit Videokonferenzen verlängert werden, an Bedeutung verlieren.
Und da wäre ich bei einem Denker, der genau aus diesen Konstellationen auf fundamentale gesellschaftliche Revolutionen geschlossen hat: bei Norbert Elias: Er beschreibt in seinem »Prozess der Zivilisation«, wie sich an der Schwelle zur Neuzeit geänderte Verhaltensweisen der Intimität, der Tischsitten und höhere Schamschwellen zu einem neuen Verständnis menschlicher Subjektivität formieren. Die zentralen Werte sind körperliche Distanzierung und Affektkontrolle. Diese sind dann die Voraussetzung einer politischen Revolution: Das neue Subjekt macht einen neuen Staat möglich, der Macht zentralisiert und damit Gesellschaft »entmachtet«. Mikrogeschichte und Makrogeschichte bedingen einander.
Erleben wir gerade eine Aufwertung des Staates? Schielen wir nicht auch nach China, dessen autoritäres System die Pandemie offensichtlich am besten bewältigt hat, gegenüber dem zivilgesellschaftlich und demokratisch vermeintlich so starken Schweden. Was bedeutet das für die Zivilgesellschaft, die heute eher als Querdenker, Impfverweigerer usw. in den Medien erscheint. Ich halte das für eine reale Gefahr zivilgesellschaftlichen Bedeutungsverlustes. Demgegenüber muss man klarmachen: Nur Gesellschaften, in denen viele Menschen Verantwortung, nicht nur für das eigene Wohlbefinden, sondern auch für das Gemeinwohl übernehmen, werden letztlich eine Alternative zu einer Tendenz zum autoritären Staat sein können. Es muss um die Stärkung der politisch verantwortlichen, aber auch eingreifenden Bürgerschaft gehen. Die Pandemie hat Schwächen in unserer Vorstellung von individueller Freiheit aufgedeckt, die es nun zu bearbeiten gilt. Eine rein negative Freiheitsvorstellung, die nur die anderen möglichst in Ruhe lässt, die sich auf einem Markt alternativer Angebote gleichsam wie im Supermarkt bedient, ist problematisch geworden. Aber die Pandemie hat auch Konturen eines Freiheitsverständnisses sichtbar gemacht, das sich mit der Verantwortungsübernahme jedes Einzelnen und einer Orientierung zu Gemeinsinn und Solidarität vertragen kann, wenn es transparente demokratische Aushandlungsprozesse gibt, die zu überzeugen wissen. Die nächste Herausforderung für dieses Freiheitsverständnis steht schon vor der Tür, auch wenn die Pandemie eingedämmt ist. Sie ist sogar virulenter, angesichts der nun anstehenden Bewältigung der akuten Klimakrise.
Literatur
˗ Horx, Matthias (2020): Die Welt nach Corona. Link
˗ Schrader, Malte (2021): Zivilgesellschaft in und nach der Pandemie. Bedarfe – Angebote – Potenziale, Opusculum Nr. 149 hrsgg. vom Maecenata Institut Berlin ˗ Julia Simonson, Nadiya Kelle, Corinna Kausmann & Clemens Tesch-Römer (Hrsg.) (2021): Freiwilliges Engagement in Deutschland Der Deutsche Freiwilligensurvey 2019. Link
˗ Zivilgesellschaft in Zahlen (Ziviz) 2021: Ländlich engagiert, wirtschaftlich aktiv, professionalisiert. Welche Engagementfaktoren beeinflussen pandemiebedingte Problemlagenzivilgesellschaftlicher Organisationen besonders? Policy-Paper 7, März 2021. Link
˗ Freiwilligensurvey
Beitrag im Newsletter Nr. 14 vom 15.7.2021
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.
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Dr. Thomas Röbke ist geschäftsführender Vorstand des Landesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement Bayern und Vorsitzender des Sprecher*innenrates des BBE
Kontakt: roebke@lbe-bayern.de
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