Inhalt
Digitale Kompetenzen gemeinsam entwickeln
Der Einfluss von Covid-19 auf lebenslanges Lernen
Einführung
Wie erstelle ich ein Word-Dokument? Wo lege ich meine Dateien ab? Was muss ich bei E-Mail-Kommunikation beachten? Was ist eigentlich Recherche? Kindern und Jugendlichen, die sich als »Digital Natives« intuitiv in den Social Media bewegen, fehlt es häufig an den grundlegenden klassischen Digitalkompetenzen zu Datei- und Textverarbeitung. Doch gerade diese sind im Alltag essenziell: Für Schulaufgaben, Prüfungsvorbereitung und vor allem in Hinblick auf die ab der 8. Klasse anstehenden Bewerbungen auf Schulpraktika und Ausbildungsplätze ab der 10. Klasse.
Wir – Jan Peilert und Malte Arnold - sind Fellows der gemeinnützigen Bildungsorganisation Teach First Deutschland. Diese setzt sich seit 2009 für mehr Bildungs- und Chancengerechtigkeit in Deutschland ein. Zwei Jahre lang sind wir an unterschiedlichen Hamburger Stadtteilschulen tätig, beide mit digitalem Schwerpunkt. Ziel ist es, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler beim gemeinsamen Ringen um Bildungserfolge, unter schwierigen Umständen, zu unterstützen. Neben dem Regelunterricht initiieren wir schüler*innenorientierte Projekte, die sich auch um Themen drehen, die im Schulalltag zu kurz kommen.
Es hat nicht lange gedauert, bis uns unabhängig voneinander aufgefallen ist, dass den meisten Schüler*innen unserer Klassen, bei aller Pflege ihrer digitalen Personen, etwas anderes fehlt. Zwar verfügen sie über hochaktuelle digitale Kompetenzen, die sie allerdings weder reflektiert nutzen, noch sich ihres wahren Wertes bewusst sind. Gleichzeitig fehlen klassische Fähigkeiten, ohne die kaum von Ausbildungsreife gesprochen werden kann. Die Frustrationsgrenze, sich auf konventionelle Art und Weise über Themen zu informieren, sich auf Praktika und Ausbildungen zu bewerben und dem erwarteten Standard bei der digitalen Kommunikation zu entsprechen, ist gering.
Viele Erwachsene können andererseits mit Social Media Plattformen und den darauf erschaffenen »digitalen Personen« – gerade im Schulalltag – wenig anfangen. Wir sind davon überzeugt, dass der sichere und gleichzeitig reflektierte Umgang mit diesen Medien eine mächtige digitale Kompetenz der heutigen Zeit darstellt und diese wertschätzend gefördert werden sollte. Bei Kindern und Jugendlichen genauso wie bei Erwachsenen.
Digitale Kompetenzen gemeinsam entwickeln
Anfang des Jahres haben wir begonnen ein Projekt zu entwickeln durch das wir fehlende klassische digitale Kompetenzen stärken und Schülerinnen und Schülern gleichzeitig ein Gefühl für ihre bereits bestehende Fähigkeiten vermitteln wollten.
In Anlehnung an den Tandem-Gedanken aus dem Fremdsprachenlernen sollten Schüler*innen und Erwachsene als »Digi-Tandems« in Lernpartnerschaften zusammengebracht werden. Im Rahmen eines achtwöchigen Kursdurchlaufs sollten sie abwechselnd die Rolle von Lehrer*innen und Schüler*innen einnehmen. Der erwachsene Part des Tandems als Expert*in für klassische Kompetenzen, der Schüler*innen-Part als Erklärer und Tour-Guide zu den digitalen Plattformen. Neben dem inhaltlichen Austausch ging es uns bei der Idee vor allem um den Perspektivwechsel, durch den Schüler*innen in die Situation gebracht werden, ihre tägliche Nutzung digitaler Kanäle einer Person anderer Generation begreifbar zu machen. Außerdem stand hier ganz klar das Lernen voneinander im Vordergrund, das es den Jugendlichen ermöglicht Selbstwirksamkeit zu erfahren und jeder Seite eines Tandem-Paares sowohl Stärken als auch Schwächen ihrer eigenen digitalen Kompetenzen aufzeigt.
Zum Abschluss des Kurses sollten beide Tandemseiten eine Herausforderung meistern. Für Schüler*innen hätte dies bedeuten können, mithilfe von Word einen eigenen Stundenplan zu erstellen, diesen als PDF-Datei abzuspeichern und formvollendet als Mail-Anhang an zwei Empfänger zu schicken – einen dabei als BCC. Für die erwachsenen Teilnehmer*innen hätte die Aufgabe lauten können, das letzte Kurstreffen anhand einer Instagram-Story festzuhalten plus verschiedene Snapchat Fotos mit drei verschiedenen Filtern.
Der Einfluss von Covid-19 auf lebenslanges Lernen
Mit den aktuellen Entwicklungen um Covid-19 ist es nicht möglich, Schüler*innen unterschiedlicher Schulen und erwachsene Teilnehmer*innen verschiedener Unternehmen in persönlichen sowie generationsübergreifenden Austausch zu bringen. So muss dieser wichtige Bestandteil des Perspektivwechsels, des miteinander Lernens und der Erfahrung der Selbstwirksamkeit bezogen auf die gegenseitige Wissensvermittlung wegfallen.
Um das Projekt dennoch für die Schülerinnen und Schüler realisieren zu können, haben wir unser Konzept angepasst. Zwar fehlt nun die Komponente für Erwachsene und der persönliche Austausch. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass wir den Kindern und Jugendlichen die benötigten Fähigkeiten auch digital vermitteln können. Wir verfolgen die Erstellung einer Art Lehrplans, um die nötigen klassischen Kompetenzen zu fördern, so dass diese verstärkt als Unterrichtsinhalt behandelt werden können - sei es in Nachmittagskursen, Projektwochen oder Online-Unterricht. Die Inhalte setzen wir dabei möglichst niedrigschwellig, pragmatisch und praxisorientiert: von der Erstellung des Wortdokuments, des Wählen eines Speichernamens und Versendens per Mail. Fähigkeiten, die es für eine eigene Bewerbung und den erfolgreichen Einstieg in das zukünftige Berufsleben braucht.
Beitrag im Newsletter Nr. 19 vom 24.9.2020
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.
Autoren
Malte Arnold ist Fellow der gemeinnützigen Bildungsorganisation Teach First Deutschland.
Kontakt: [Malte.Arnold[at]klassse2019.teachfirst.de](mailto: Malte.Arnold@klassse2019.teachfirst.de)
Jan Peilert ist Fellow der gemeinnützigen Bildungsorganisation Teach First Deutschland.
Kontakt: Jan.Peilert[at]klasse2019.teachfirst.de
Weitere Informationen: teachfirst.de
Redaktion
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