Beitrag im Newsletter Newsletter Nr. 2 vom 30.1.2020

Bericht von den 19. Hamburger Tagen des Stiftungs- und Non-Profits-Rechts am 8. und 9. November 2019

Rainer Bode

Inhalt

Und Steuerfragen politischer Bewegungen, hier der verfassungsrechtliche Kern

Abgrenzung zu den Parteien

Und zur Volksbildung

Weitere Themen, die auf den Stiftungstagen vorgestellt und diskutiert worden sind

Autor

Redaktion


Eröffnet wurde die Tagung von Prof. Birgit Weitemeyer, Direktorin des Instituts für Stiftungsrecht und das Recht der Non-Profit-Organisationen und mit einem Grußwort von Staatsrätin Katja Günther. Beide bemängelten den derzeitigen Stand der Stiftungsrechtsreform. Die Staatsrätin thematisierte am Beispiel Werften und der Gorch Fock das Problem der Stiftungsaufsicht und verwies insgesamt auf Forderungen des Juristentages in Leipzig.

Im Eröffnungsvortrag beleuchtete Prof. Axel Freiherr von Campenhausen die Geschichte von religiösen Stiftungen. Auch hier wurde eine Krise bei den Stiftungen durch das Zinsniveau festgestellt. Die Herleitung der Geschichte war meines Erachtens etwas einseitig und es wurde wenig beleuchtet, wie diese Stiftungen ihren Reichtum, insbesondere an Grund und Boden zusammen bekommen hatten. Die Rechtsfähigkeit erhielten diese Stiftungen im Mittelalter. Sowohl durch Einziehung der Klöster und weitere Katastrophen, als auch durch die Plünderung der Klöster, insbesondere im 30jährigen Krieg hatten die Stiftungen später große Verluste erlitten. Es folgten dann massive Störungen und Einschränkungen der Stiftungen unter den Nazis und in der DDR und die Befürchtung griff um sich, durch die nächste Krise auch faktisch enteignet zu werden.

Prof. Burgard beleuchtete den aktuellen Stand der Stiftungsrechtsreform. Es soll sich zwar was tun, aber noch nicht besonders viel. Grundlage ist eine Studie zur Arbeit der Stiftungen. Es geht um die Pflichten und Aufgaben des Vorstandes und insgesamt um strukturelle Schwächen der Stiftungsorgane. Gefordert wird von vielen ein Stiftungsregister, um vieles zu vereinfachen und transparent zu machen. Gegner sind eher die Stiftungsreferenten. Schließlich wird die Möglichkeit von Satzungsänderungen gefordert, wenn der Stifter nicht mehr am Leben ist.

Bei Nachfragen gab es Kritik an der Position von Burgard.

Prof. Rawert ging noch mal auf die Positionen von Burgard ein und kritisierte dessen Ausführungen. Ebenso äußerte er sich kritisch generell zum derzeitigen Stiftungsreformprozess. Zum anderen machte er an zwei Beispielen deutlich (Aldi Nord = Streit der Erben und Krankenhaus Schlitz-Fall = Streit zwischen den Organen), welche Problematiken derzeit bestehen.

Weiterhin meldete sich Antonia Zahn, Referentin im BMI, FATF Finance Aktion Task Force. Ihre Arbeitsgruppe ist zuständig für die Bekämpfung von Geldwäsche und damit der Terrorismusfinanzierung und des (Ausländer-) Extremismus. Die Arbeitsgruppe hat 40 Handlungsempfehlungen herausgegeben. Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft wird das auch ein Thema sein, ebenso NPOs, bei denen Geldwäscheaktionen vermutet werden bzw. sogar gefunden worden sind.

Weitere Beispiele aus dem Stiftungsrecht kamen von VENRO (Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe) sowie von Andreas Seeger, Curacon Steuerberatung, der mit dem Thema Wohnen in der Sozialwirtschaft auch einen Reformbedarf im Gemeinnützigkeitsrecht skizzierte.

Danach trug Prof. Bernd Heuermann vor, Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof München und verantwortlich für das Attac-Urteil, mit dem Attac die Gemeinnützigkeit entzogen wurde – und in der Folge weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen. Attac berief sich im Wesentlichen auf den gemeinnützigen Zweck der Volksbildung.

Die Folge des Urteils: Verlust der Befreiung von der Körperschaftssteuer und keine Berechtigung, Zuwendungsbestätigungen für Spenden auszustellen. Die Kernaussage des Urteils: Wer politische Zwecke durch Einflussnahme auf politische Willensbildung und Gestaltung der öffentlichen Meinung verfolgt, erfüllt keinen gemeinnützigen Zweck i.S. von § 52 AO. Keine gemeinnützige Körperschaft dürfe sich in dieser Weise betätigen, wenn dies dem Verfolgen eines der in § 52 Abs. 2 AO ausdrücklich genannten Zweckes dient. Es gäbe für gemeinnützige Körperschaften kein allgemeinpolitisches Mandat.

Und Steuerfragen politischer Bewegungen, hier der verfassungsrechtliche Kern:

  • Interpretation des § 52 Abs. 1 AO und des § 52 Abs. 2 AO nach Maßgabe verfassungsrechtlicher Vorgaben.

  • Prinzip der Chancengleichheit – Vergleich mit der Parteienfinanzierung

Abgrenzung zu den Parteien

  • PartG § 2: »Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen«

Und zur Volksbildung:

  • Einfluss auf politische Willensbildung in Verfolgung des Gemeinwohlzweckes bezogen auf bildungspolitische Fragestellungen.

  • Förderbar ist im Zusammenhang mit »52 Abs.2 Nr. 24 AO auch politische Bildung.«

  • Politische Bildung vollzieht sich in geistiger Offenheit.

  • Kein inhaltleerer Begriff – Gegensatz: machtgeleitetes Beeinflussen

Daraus folgt aus der Sicht von Heuermann: Wenn der Eigennutz größer ist, ist das problematisch. Die Vereine sind oder sollen mehr begünstigt sein als die Parteien. Es soll wieder Chancengleichheit hergestellt werden. Die politische Meinungsbildung ist den Parteien vorbehalten. Das Einwirken auf die politischen Parteien ist nicht gemeinnützig. Die Tagesaktualität soll nicht in den Mittelpunkt gestellt werden. Eine größtmögliche Offenheit sollte da sein. Die Eingriffsmöglichkeiten der Vereine sollten eingegrenzt werden. Sie sollten kein allgemeines politisches Signal abgeben. Da entsteht der Missbrauch der Vereine. Manche Vereine zeigen machtgeleitetes Verhalten und sie zeigen keine Offenheit bei der Volksbildung.

In der Podiumsdiskussion ging es dann um das Thema: »Gemeinnützige Organisationen als Parteien light.«, mit Stefan Diefenbach-Trommer, Rainer Hüttemann, Rupert Strachwitz etc. Streitpunkt war, ob man die Regelungen und gemeinnützigen Zwecke ausweiten soll, der Abgabenordnung mehr Ermessensspielräume gibt oder ob man noch eine neue Form kreiert, nämlich die »Form politische Körperschaft«. Teile der Wissenschaft tendieren dahin, einzelne Verbände und Berater auch. Zum Beispiel: »Ein zusätzlicher steuerbegünstigter (nicht gemeinnütziger) Zweck ›Förderung der Teilhabe an der politischen Willensbildung‹ soll in die Abgabenordnung geschrieben werden.« (Michael Ernst-Pörksen)

Ich finde den Weg falsch. Da werden Organisationen zweiter Klasse installiert. Vereine müssten sich entscheiden, ob sie politisch oder gemeinnützig sind. Viele Vereine, die auch politisch tätig sind, brauchen die Spenden, um überhaupt arbeiten zu können. Und diese müssten dann eine neue Buchführung einführen, ob die Veranstaltungen auf das Politikkonto kommt oder auf ein anderes. Der Aufwand erhöht sich. Alle reden von Bürokratieabbau, aber hier wird die Bürokratie wieder erweitert und ausgedehnt.

Durch das Urteil vom BFH und deren Umsetzung verlieren aktive Vereine ihre finanzielle Grundlage, weil das Spendenaufkommen sich stark reduziert. Und der Finanzminister möchte sogar, dass die Vereine sich politisch nicht äußern. Will man den 3. Sektor unpolitisch werden lassen?

Weitere Vorschläge zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts wurden angeführt. Diese würden jetzt den Rahmen sprengen und können zu einem späteren Zeitpunkt sicherlich noch mal aufgenommen werden. Das wird dann spätestens wieder Thema, wenn ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vorliegt.

Weitere Themen, die auf den Stiftungstagen vorgestellt und diskutiert worden sind:

  • Aktuelle Rechtsprechung des BFH zum Spenden- und Gemeinnützigkeitsrecht, hier Bespiele aus dem Spendenrecht, fehlende Zuwendungsbestätigung, Vermögensstockspenden, noch mal Attac Urteil, Werbung bei wissenschaftlichen Tagungen u.a.

  • Steuerregelungen für Gemeinnützige und die öffentliche Hand als Beihilfen

  • Reform der Umsatzsteuer im Dritten Sektor. Hier ging es im Wesentlichen um das Jahressteuergesetz, die Besteuerung von Bildungseinrichtungen, das Freiwillige Soziale Jahr und Bundesfreiwilligendienste. Das erstere, d.h. die Vergünstigung von Bildungsangeboten im Bereich der Weiterbildung, bleibt vorerst bestehen. Das hätte alle Angebote betroffen, die keine Berufsqualifizierung beinhalten. Bei den Freiwilligendiensten sollte sich auch die Reduzierung/Befreiung des Steuersatzes nur auf den sozialen Bereich beziehen. Dieser Änderungsversuch wurde wieder zurückgenommen. Man kommt nicht umhin, sich jedes Jahr das Jahressteuergesetz anzuschauen, weil immer mal wieder was entsprechendes, sprich nicht willkommenes, drinstecken könnte.

  • Aktuelles aus der Finanzverwaltung von Markus Exner vom Hessischen Finanzministerium: Hier ging es um die Überarbeitung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung; mögliche Reform der Gemeinnützigkeit und Kapitalertragssteuer auf Dividenden bei gemeinnützigen Organisationen.

»Einige Passagen des Textes wurden der Tagungsmappe der Veranstaltung entnommen.«


Beitrag im Newsletter Nr. 2 vom 30.1.2020

Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Rainer Bode, ehemaliger Geschäftsführer der LAG Soziokultureller Zentren und ehemals im Vorstand der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren und noch im Koordinierungsausschuss vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (BBE).

Kontakt: lagnw@soziokultur.de


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