Beitrag im Newsletter Nr. 20 vom 13.10.2022

Civic Ideas Factory: zwei Teilnehmende im Interview

Interviews mit Rita de Matos Marques Guimarães und Frishteh Sadati

Die Civic Ideas Factory

Die Civic Ideas Factory ist eine Projektschmiede, die die Ideen junger Menschen mit internationaler Geschichte (herkunftsübergreifend mit Schwerpunkt Iran und Afghanistan) zu bürgerschaftlichem Engagement und Ehrenamt fachlich und materiell unterstützt. Jugendliche und junge Erwachsene bis 30 Jahren können sich mit einer ersten Idee bewerben und haben anschließend die Möglichkeit unterschiedliche Schulungen beispielsweise in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Projektmanagement und Antragsstellung zu erhalten.
Nach der Teilnahme an den Seminaren können sich die Teilnehmenden mit einem kurzen Projektantrag auf eine Mikrofinanzierung bewerben und eine Förderung von bis zu 500 € zu erhalten.

Im November 2021 hat die Civic Ideas Factory zum zweiten Mal stattgefunden. Das Projektteam hat mit zwei der Teilnehmenden über ihre Erfahrungen gesprochen.


Interview mit Rita de Matos Marques Guimarães

Rita de Matos Marques Guimarães ist 25 Jahre alt und hat sich bei der Civic Ideas Factory mit der Idee beworben, eine Aktionsveranstaltung zu organisieren, die eine Pflanzaktion in Braunschweig beinhaltet. Gepflanzt werden sollen Tulpen (die nationale Blume Afghanistans) in Kooperation mit der TU Braunschweig und dem Verein Refugium e.V.. Ziel der Aktion ist es, die Aufmerksamkeit auf die aktuellen Bleiberechtsbestimmungen für Afghan*innen zu lenken und die Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zu unterstützen.

Liebe Rita, danke, dass du dir Zeit genommen hast für ein kurzes Interview. Zuerst einmal würden wir gerne wissen: Wie bist du überhaupt zum Engagement gekommen?

Vielen Dank für die Einladung! Ich bin eine Künstlerin mit einer sehr partizipativen Praxis. Das bedeutet, dass ich dazu neige, Prozesse der Beteiligung und Ko-Kreation mit anderen Menschen in meine Arbeit einzubeziehen. In Portugal habe ich viel in der Therapie- und in der Gemeinschaftskunst gearbeitet. Dadurch kam ich in Kontakt mit verschiedenen postmigrantischen Gemeinschaften im Großraum Lissabon, die immer noch täglich mit dem unkontrollierten systemischen Rassismus der portugiesischen Gesellschaft zu kämpfen haben. Dort wurde die Kunst als Instrument für Empowerment (ein überstrapaziertes Wort, ich weiß), Widerstand und Demokratie eingesetzt. Die kreative Arbeit in der Gemeinschaft macht deutlich, dass es keine andere Möglichkeit gibt, sich die Zukunft vorzustellen, als die Gemeinsame.

Hattest du Herausforderungen dich ehrenamtlich zu engagieren? Wenn ja, welche waren das?

Die Antwort ist gar nicht so einfach. Ich hatte nie Probleme, Orte zu finden, an denen ich mich sinnvoll engagieren konnte, mit Aufgaben, an die ich glaubte. Was ich manchmal als Herausforderung empfunden habe, war die methodische Strukturierung von Projekten - besonders in der Kunst, die oft unter einer etwas undurchsichtigen Mythologie der Sinnstiftung funktioniert.

Was war deine Motivation an der Civic Ideas Factory teilzunehmen und inwiefern hat dich die Civic Ideas Factory mit deiner Projektidee weitergebracht?

Ich habe schon immer Dinge »on the job« gelernt und wollte konkretere und systematische Werkzeuge erlernen, um an die Arbeit im öffentlichen Raum heranzugehen. Ich finde, dass Kunstinstitutionen oft eine etwas andere Sprache sprechen als der Rest der Welt, und das hat gute und weniger gute Seiten. Außerdem wollte ich mich mit verschiedenen Aktivist*innen und Fachleuten, die ähnliche Anliegen wie ich haben, treffen und gemeinsam etwas schaffen.

Was sind derzeitige Herausforderungen in deinem Projekt?

Gerade ist das Wetter meine größte Herausforderung. In meinem Projekt »Tulpenzeit« möchte ich in einer Aktion rote Tulpen pflanzen (Nationalblume in Afghanistan), um die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu unterstützen, denen Afghan*innen in Deutschland unterliegen. Die Tatsache, dass man mit Lebewesen arbeitet, die auch ihre eigenen Bedürfnisse haben, wenn auch poetische, bringt solche Unannehmlichkeiten manchmal mit sich. Es sind die Tulpen mit ihren Zeiten und Bedürfnissen, die den Takt der Arbeit vorgeben,was natürlich manchmal zu Konflikten mit menschlichen Organisationen und deren Zeiten und Bedürfnissen führen kann. Aber es ist eine Herausforderung, die Spaß macht. Es ist auch eine sehr erfahrbare Art und Weise, zu erkennen, wie sehr wir uns von der Natur entfernt haben.


Interview mit Frishteh Sadati

Frishteh Sadati ist 27 Jahre alt und hat sich bei der Civic Ideas Factory mit der Idee beworben, eine Abendveranstaltung zu organisieren, bei der zwei Videos abgespielt werden, die die Zwangsevakuierung im August 2021 verbildlichen sollen. Zudem werden zwei Aktivistinnen eingeladen, mit denen im Rahmen einer Podiumsdiskussion über die aktuelle Situation in Afghanistan diskutiert werden soll. Es wird ein Abend des Austauschs zwischen Geflüchteten Afghan*innen und Deutschen sein.

Liebe Frishteh, danke, dass du dir Zeit genommen hast für ein kurzes Interview. Zuerst einmal würden wir gerne wissen: Wie bist du überhaupt zum Engagement gekommen?

Ich arbeite schon länger ehrenamtlich in verschiedenen Projekten, vor allem mit geflüchteten Menschen. Das Thema Bürgerschaftliches Engagement war schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens.

Hattest du Herausforderungen dich ehrenamtlich zu engagieren? Wenn ja, welche waren das?

Wenn man sich engagiert, gibt es viele Hürden und Herausforderungen. Diese zeigen sich oft dann, wenn es um das Thema Finanzen geht. Oft kommt es vor, dass Leute von dem Inhalt meiner Projekte überzeugt sind und sich zu Beginn sehr engagieren. Wenn dann aber klar ist, dass nicht viel Budget für die Realisierung eines Projekts vorhanden ist, steigen viele aus. Das finde ich dann sehr schade.

Was war deine Motivation an der Civic Ideas Factory teilzunehmen und inwiefern hat dich die Civic Ideas Factory mit deiner Projektidee weitergebracht?

Ich bin vor einigen Jahren selbst aus Afghanistan geflohen und musste viele Hürden überwinden. Meine eigenen Erfahrungen lasse ich in meiner Arbeit mit geflüchteten Menschen, aber vor allem mit geflüchteten Frauen einfließen. Meine Motivation bei der Civic Ideas Factory teilzunehmen war, mir mehr Wissen anzueignen. Die Teilnahme hat mir geholfen bestehendes und neues Wissen zu vereinen, sodass ich meine Projekte nun noch professioneller umsetzen kann.

Was sind derzeitige Herausforderungen in deinem Projekt?

In meinem Projekt geht es darum, in einer Podiumsdiskussion die aktuelle Lage in Afghanistan mit zwei Aktivistinnen zu diskutieren und anhand von Video- und Bildbeiträgen die Situation der Menschen in Afghanistan zu veranschaulichen. Die Herausforderung liegt in der Beschaffung des Bildmaterials und ich hoffe sehr, dass mir dies gelingen wird.


Beitrag im Newsletter Nr. 20 vom 13.10.2022
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