Freizeitangebote vs. ehrenamtliches Engagement
Die Gründe für das Fernbleiben von Mädchen und jungen Frauen in den Feuerwehren des Landes wurden 2005 auch im Rahmen des Forschungsprojektes »Mädchen und Frauen in der Freiwilligen Feuerwehr« vom Deutschen Feuerwehrverband (DFV) und der Deutschen Jugendfeuerwehr untersucht. Diese lagen beispielsweise in der mangelnden Vereinbarkeit von Ehrenamt und Familie, aber auch in den Umgangsformen sowie in der mangelnden Sichtbarkeit von Feuerwehrfrauen als ein ganz normaler Bestandteil der Feuerwehr. Der immer schnellere gesellschaftliche Wandel und die sich ständig ändernden ökonomischen Rahmenbedingungen lassen veränderte Bedürfnisse und damit auch eine veränderte Bereitschaft zu ehrenamtlichem Engagement entstehen. Zu den veränderten Rahmenbedingungen zählen vor allem die Auflösung traditioneller Milieus, die veränderte Arbeitswelt und das konsumorientierte Freizeitverhalten. Durch letzteres konkurriert das Hobby Feuerwehr besonders in städtischen Regionen mit einer Vielzahl an Freizeitangeboten. Ein jahrelanges, zeitintensives ehrenamtliches Engagement, wie es beispielsweise beim Einsatz für die Feuerwehr erwartet wird, steht zunehmend in Konkurrenz zu wechselnden Konsumbedürfnissen. Auch die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Von Arbeitnehmer*innen wird immer mehr Flexibilität und Mobilität erwartet. Dies führt zu einer mangelnden Planbarkeit von freiwilligen Tätigkeiten.
Zur Debatte steht aber, auch im Hinblick auf die Freiwillige Feuerwehr, inwiefern die Auflösung traditioneller städtischer Milieus durch die erhöhte Mobilität und das Schwinden familiärer Bindungen daran beteiligt ist, dass sich die herkömmlichen Rekrutierungskanäle zunehmend verschließen. Nur in vielen ländlichen Bereichen, in denen mangels Alternativen die Gemeindestrukturen und die familiären Bindungen noch weitgehend intakt sind, können die bewährten Rekrutierungsmechanismen, die bei der Feuerwehr bislang vor allem über Familienmitglieder und Freunde funktionieren, noch für ausreichenden Nachwuchs sorgen.
Das »beste Hobby der Welt« immer mehr Mädchen zugänglich machen
Der DFV und die DJF haben Gender Mainstreaming bereits im Jahre 2003 als Leitprinzip in der verbandlichen Arbeit verankert. In der Praxis musste dieses Prinzip allerdings noch mit mehr Leben gefüllt werden. So ist im Auftrag des Fachbereichs »Mädchen und Jungenarbeit« der Deutschen Jugendfeuerwehr im Jahre 2006 ein Arbeitsheft mit dem Titel »Gender Mainstreaming in der Jugendfeuerwehr« herausgekommen. Dieses soll ausdrücklich das Geschlechterbewusstsein bei den Betreuer*innen schärfen und auf diese Weise Chancengleichheit für Mädchen und Jungen herstellen.
Die Feuerwehren möchten Mädchen und Frauen verstärkt für bürgerschaftliches Engagement gewinnen. Langfristig streben der DFV und die DJF an, den jetzigen Mitgliederstand der Feuerwehrfrauen dem Schnitt der Gesellschaft anzupassen und ein ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen zu schaffen. Um mehr weibliche Mitglieder für die Jugendfeuerwehr und den Einsatzdienst anzusprechen, gab es in der Vergangenheit, neben vielen Broschüren und Arbeitsheften, auch einige große Kampagnen und Aktionen.
Der Deutsche Feuerwehrverband startete im Jahr 2007 beispielsweise die bundesweite Kampagne »Frauen am Zug«, die neben Plakaten, Postkarten-Flyern und einer Informationsbroschüre auch einen Internetauftritt umfasste. Ziel der Kampagne war es, mit klischeehaften Vorstellungen von Frauen aufzuräumen, indem starke Frauen präsentiert wurden. So sollte es zu einer Erneuerung von Rollenleitbildern, auch im eigenen Verband, kommen.
»Diese Kampagne ist witzig, spritzig und zukunftsweisend, wie das wichtige Thema, das sich dahinter verbirgt«, lobte die damalige Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen die Jahresaktion »Frauen am Zug«. »Die Kampagne macht den Beitrag von Frauen in der Feuerwehr sichtbar und trifft den richtigen Ton! Ich freue mich, dass wir als Bundesfamilienministerium dabei mit am Zug sind«, so von der Leyen bei der Vorstellung der Kampagne in Berlin.
Das Projekt des Deutschen Feuerwehrverbandes wurde im Rahmen des Modellprogramms »Generationen übergreifende Freiwilligendienste« durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über drei Jahre gefördert.
Im Jahr 2018 hat die DJF einen Fachtag organisiert, der sich mit der Gleichstellung von Frauen und Männern in der (Jugend-)Feuerwehr beschäftigte. Es sollte darum gehen »Hürden und Chancen für Frauen in der (Jugend-)Feuerwehr« herauszuarbeiten. Ein Impuls zum Thema »Frauen in Leitungsfunktionen« vermittelte Ansätze, wie es möglich sein kann, Strukturen für Mädchen und Frauen zu öffnen und zu verändern. Danach wurde gemeinsam definiert, welche Veränderungen und Maßnahmen es braucht, um Mädchen und Frauen zu stärken und zu fördern. Welche Unterstützungsmaßnahmen müssen greifen oder welche Hindernisse müssen beseitigt werden, damit die weibliche Zielgruppe ihren Weg sowohl verbandlich als auch in der Feuerwehrlaufbahn leichter findet?
Es gibt aber nicht nur bundesweite Aktionen, die von der DJF oder dem DFV organisiert werden. Auf vielen Ebenen gibt es verschiedene Aktionen und Herangehensweisen um das »beste Hobby der Welt« immer mehr Mädchen zugänglich zu machen. Abschließend geht es darum mitzubestimmen und darum eigene Handlungsschritte herzuleiten. Im Kleinen wie im Großen müssen Fortschritte bei der (Geschlechter-) Öffnung der Jugendfeuerwehr erzielt werden, doch dafür bedarf es auf allen Ebenen Aktionen bzw. Änderungen.
Quellen und weitere Informationen
»Mädchen & Frauen bei der FeuerwehrEmpirische Ergebnisse – praktische Maßnahmen« von Angelika Wetterer & Margot Poppenhusen unter Mitarbeit von Anja Voss
»Frauen am Zug« - Bundesfamilienministerium stellt Feuerwehr-Kampagne vor
Projekt »Mädchen und Frauen in der Freiwilligen Feuer-wehr«
Mädchen und Frauen im Ehrenamt in der Jugendfeuerwehr. Ein Fachtag der Deutschen Jugendfeuerwehr will die Förderung voranbrin-gen
Netzwerk Feuerwehrfrauen e.V.
»Gender Mainstreaming in der Jugendfeuerwehr. Eine Arbeitshilfe zur Umsetzung von Chancengleichheit von Mädchen und Jungen in der Jugendfeuer-wehr«
Papier der Jugendfeuerwehr zu Gender Mainstreaming
Beitrag im Newsletter Nr. 22 vom 5.11.2020
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.
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Autorin
Isabel Denz ist als Referentin für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen
Jugendfeuerwehr zuständig.
Kontakt: denz@jugendfeuerwehr.de
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