Beitrag im Newsletter Nr. 25 vom 17.12.2020

Die Kultur des Gebens in 2020: Beifall, Fundraising und private Spenden

Larissa Probst

Inhalt

Solidarität der privaten Spender*innen und diversifizierter Fundraising-Mix
Wertschätzung des Einsatzes für die Kultur des Gebens – Der Deutsche Fundraising Preis 2020
Hintergrundinformationen
Autorin
Redaktion

In diesem Jahr beobachten wir ganz besondere Dynamiken im Bereich des Engagements. Wir sehen die Anerkennung des besonderen Einsatzes von Pflegekräften und anderen Gruppierungen. Von den Balkonen wird Beifall geklatscht. Politiker*innen betonen regelmäßig ihre Dankbarkeit auch gegenüber den Akteur*innen der Zivilgesellschaft, die, wie in vorherigen Krisen, flexibel und selbstlos Unterstützung für besonders gefährdete Menschen organisiert haben. Allerdings haben viele der gemeinwohlorientierten Organisationen kaum bis keine staatliche Unterstützung erhalten. Wenngleich auch die Strukturen im dritten Sektor besonders vulnerabel und strapaziert sind. Dies stellt unter anderem die Studie »Ein Rettungsschirm für die Zivilgesellschaft? Eine explorative Studie zu Potenzialen, Bedarfen und Angeboten in und nach der COVID-19 Krise« des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft heraus. Die an der Studie beteiligte Arbeitsgruppe blickt aus sehr unterschiedlichen Perspektiven auf den dritten Sektor. Die Tatsache, dass für die Studie über 140 Behörden von Bund und Ländern zu möglichen staatlichen Rettungsschirm-Angeboten kontaktiert werden mussten, zeigt deutlich, dass es wenig Koordination und Überblicksmöglichkeiten gibt. Selbst das Entdecken und Beantragen der vorhandenen Fördermöglichkeiten stellt eine große Herausforderung dar. Weitere wesentliche Ergebnisse sind:

• Bund und Länder honorieren nur ungenügend die Leistungen und die Einsatzbereitschaft der Zivilgesellschaft. Eine Anerkennungs- und Wertschätzungskultur fehlt ebenso wie ein hinreichender Rettungsschirm. Vorhandene Angebote sind schwer zu ermitteln, nicht aufeinander und nicht auf die konkreten Bedarfe abgestimmt.

• Besonders betroffen sind Organisationen, die nicht in Verbandsstrukturen und nicht ohnehin in ein staatliches Fördersystem eingebettet sind.

• Homeoffice und die notwendige Digitalisierung haben bei allen Organisationen einen akuten Handlungsbedarf verursacht. Die Kosten hierfür kann die Zivilgesellschaft nur begrenzt tragen.

• Gesundheitliche Risiken und Mehrbelastung erschweren ehrenamtliche Strukturen, die für zivilgesellschaftliche Organisationen elementar sind.

• Die finanziellen Auswirkungen der Pandemie werden im kommenden Jahr voraussichtlich dramatisch sein. Es besteht die Sorge, dass Förderungen eingestellt oder reduziert werden und die Spendenbereitschaft rückläufig sein wird.

• Nicht wenige zivilgesellschaftliche Organisationen lehnen auch in der Krise finanzielle Hilfen des Staates ab, da diese mit Abhängigkeiten verbunden sind. Andere sind auf staatliche Hilfe ebenso angewiesen wie Wirtschaftsunternehmen.

Solidarität der privaten Spender*innen und diversifizierter Fundraising-Mix

Wir beobachten weiterhin, dass sich gerade in Krisenzeiten deutlich die Qualität der Beziehung zwischen den Organisationen und ihren Spender*innen und Unterstützer*innen zeigt. Besonders diejenigen Organisationen und Projekte, die eine intensive Kommunikation mit ihren Zielgruppen pflegen und den engen Austausch weiterhin gesucht haben, konnten zumeist sogar mehr Spenden gewinnen. Eine weitere auffallend positive Basis für Spendenstabilität und -zuwachs bildet ein bereits etablierter, diversifizierter Fundraising-Mix. Das bedeutet, dass bereits verschiedene Bereiche des Fundraisings umgesetzt werden und Strukturen sowie Prozesse vorhanden sind. Diese konnten dann flexibel adaptiert und der Pandemie-Situation angepasst werden. So wurde beispielsweise das bereits vorbereitete postalische »Ostermailing« durch kleine Änderungen in der Ansprache besonders erfolgreich. Weiterhin konnten einige Veranstaltungsformate wie Auktionen, Informationveranstaltungen zum Thema »letzter Wille« von der Christoffel-Blindenmission, Mitgliederversammlungen oder auch Preisverleihungen wie »Verein(t) für gute Kita und Schule 2020« der Stiftung Bildung in die digitale Welt übertragen werden. Erfolgreiche Beispiele sind auch die virtuelle Benefizauktion des Hospiz Luise in Hannover Kirchrode oder auch das zweitägige digitale Gaming-Event »LOOT FÜR DIE WELT«, bei dem 361.613,03 Euro Spenden gewonnen wurden, die zu gleichen Teilen an die Organisationen Dunkelziffer e. V., Deutsches Kinderhilfswerk e. V. und das Tierheim Berlin gehen. Einen Einblick in den Bereich der Privatspenden stellt die GfK-Erhebung »Trends und Prognosen« dar, die jährlich im Auftrag des Deutschen Spendenrats durchgeführt wird.

Wertschätzung des Einsatzes für die Kultur des Gebens – Der Deutsche Fundraising Preis 2020

Am 9. Dezember wurde der Deutsche Fundraising Preis 2020 in einer virtuellen Abendveranstaltung verliehen. Mit dem ersten Platz wurde passend die mehrjährige Unternehmenskooperation zwischen betterplace.org mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband für das Projekt »Gut für die Region. Gut für alle.« ausgezeichnet. Hinter den »gut-für«-Portalen stecken 25 regionale digitale Spendenplattformen, die durch die jeweiligen Sparkasseninstitute vor Ort getragen werden. Hierüber präsentieren sich lokale Vereine mit ihren Zwecken und Zielen, sammeln Spenden und gleichzeitig Erfahrung mit digitalen Technologien. Das Team von betterplace.org stellt dafür Knowhow, erprobte Tools und Unterstützung bereit. Die Sparkassen laden regionale Projekte zur Teilnahme ein, machen lokal auf ihr Portal aufmerksam und fördern teilnehmende Projekte durch Aktionsformate wie Spendenverdopplungen. Aktuell sind mehr als 6000 lokale Vereine auf den Plattformen registriert und profitieren von einem jährlichen Spendenvolumen von 8 Millionen Euro über die »gut-für«-Plattformen.

Mit dem Sonderpreis des Vorstands wurden in diesem Jahr die Persönlichkeiten Jan Böhmermann, Klaas Heufer-Umlauf und Joachim Winterscheidt für ihr außergewöhnliches Engagement für die Kultur des Gebens in Deutschland ausgezeichnet. Mit ihren mehrfachen und sehr unterschiedlichen Spendenaufrufen und Präsentationen von Akteur*innen der Zivilgesellschaft erreichen sie ganz besondere Zielgruppen, mit denen viele Organisationen mit ihrer Kommunikation selten in Berührung kommen. Auch diese Spendenaufrufe wurden digital umgesetzt.

Hintergrundinformationen

Studie »Ein Rettungsschirm für die Zivilgesellschaft? Eine explorative Studie zu Potenzialen, Bedarfen und Angeboten in und nach der COVID-19 Krise« des Maecenata Instituts für Philanthropie und Zivilgesellschaft. Zur Studie

Benefizauktion des Hospiz Luise in Hannover Kirchrode

Gaming-Event »LOOT FÜR DIE WELT«

GfK-Erhebung »Trends und Prognosen« im Auftrag des Deutschen Spendenrats

Eventseite zur virtuellen Verleihung des Deutschen Fundraising Preises 2020


Beitrag im Newsletter Nr. 25 vom 17.12.2020
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Autorin

Larissa Probst ist seit dem 1. Oktober 2018 Geschäftsführerin des Deutschen Fundraising Verbandes e. V. (DFRV). Sie hat bereits vielfältige Erfahrungen im Dritten Sektor gesammelt: Als Sozialunternehmerin, Organisationsvorständin und Geschäftsführerin einer Stiftung hat sie sich für Non-Profit-Themen stark gemacht. Von 2009 bis 2015 trug sie ehrenamtlich Verantwortung als Vorstandsmitglied der Menschenrechtsorganisation Amnesty International Deutschland, zuletzt leitete sie hauptamtlich die Stiftung »Schüler Helfen Leben« in Berlin und Sarajevo.

Kontakt: [probst@dfrv.de](mailto: probst@dfrv.de)


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