Beitrag im Newsletter Nr. 6 vom 24.3.2022

Ein Gespräch über Intersektionalität mit Dr. Emilia Zenzile Roig vom Center for Intersectional Justice

Zusammenfassung des Interviews von Engagement Macht Stark! in einfacher Sprache

Dr. Emilia Zenzile Roig ist Gründerin und Direktorin des Center for Intersectional Justice in Berlin. Im Gespräch mit der Kampagne »Engagement macht stark!« erklärt sie, was Intersektionalität bedeutet, warum es so wichtig ist, Diskriminierungen intersektional zu bekämpfen und wie wichtig die Rolle bürgerschaftlichen Engagements dabei ist.

Sie lesen die Zusammenfassung des Interviews in einfacher Sprache.

Was bedeutet Intersektionalität?

Es gibt unterschiedlichen Formen von Diskriminierung in unserer Gesellschaft. Zum Beispiel Diskriminierung aufgrund der Herkunft, des Geschlechts, des Einkommens, der Behinderung oder der Religion einer Person. Diese verschiedenen Formen der Diskriminierung verstärken sich oft gegenseitig. Zum Beispiel werden Frauen in Deutschland oft am Arbeitsplatz diskriminiert. Wenn eine Frau aber eine andere Nationalität hat, kann sie am Arbeitsplatz und wegen ihrer Herkunft diskriminiert werden. Intersektionalität ist der Begriff für diese Mehrfach-Diskriminierung.

Welches Ziel hat das Center for Intersectional Justice?

Wir wollen die verschiedenen Formen von Diskriminierung bekämpfen. Dabei wollen wir nicht einzelne Formen von Diskriminierung bekämpfen, sondern gleich mehrere. Bisher denken viele noch in festen Kategorien wie zum Beispiel »Frau« und »Mann«. Doch diese Kategorien sind einfach nicht fest und einheitlich. Bei der Kategorie »Frau« gibt es noch viele weitere Eigenschaften, wie zum Beispiel die Hautfarbe, den Geschlechtsausdruck, die Geschlechtsidentität, die soziale Klasse oder die Nationalität. Wir sind davon überzeugt, dass sich Diskriminierung viel besser bekämpfen lässt, wenn wir einfach gegen jede Art von Diskriminierung gegen Menschen kämpfen.

Wie möchte das Center for Intersectional Justice das erreichen?

Das Center for Intersectional Justice arbeitet auf verschiedenen Ebenen:

Forschung

Wir forschen zur Intersektionalität. Denn Intersektionalität wirkt sich auf die Gesellschaft und die Menschen aus. So finden Menschen, die diskriminiert werden, schlechter einen Job. Dabei kann es passieren, dass Menschen aus mehreren Gründen diskriminiert werden. Zum Beispiel wegen ihres Geschlechts und wegen ihrer Hautfarbe. Das ist für die gesamte Gesellschaft schlecht. Wir zeigen durch unsere Forschung auch, wie Gesetze und Politik Diskriminierung verstärken. Manchmal passiert das auch unbewusst. Durch unsere Forschung helfen wir der Politik, Diskriminierung zu vermeiden.

Politische Arbeit

Das Center for Intersectional Justice setzt sich dafür ein, dass viel mehr Menschen verstehen, was Diskriminierung heißt. Und, dass es Intersektionalität, also Mehrfach-Diskriminierung gibt. Wenn mehr Menschen anerkennen, dass es viele verschiedene Formen von Diskriminierung gibt, können wir besser etwas dagegen tun.

Damit mehr Menschen Intersektionalität als Problem anerkennen, geben wir Interviews, sprechen mit Politiker*innen, diskutieren bei Veranstaltungen, im Fernsehen oder im Radio. Wir wollen, dass viel mehr Menschen über Diskriminierung sprechen, mehr darüber wissen und auch mehr darüber nachdenken.

Veranstaltungen, Workshops und Training gegen Intersektionalität

Das Center for Intersectional Justice möchte Menschen dabei helfen, Diskriminierung zu bekämpfen. Wir bieten zum Beispiel Workshops für gerechte Sprache an. Und wir organisieren Veranstaltungen, die zeigen, warum soziale Klassen ganz viel mit Nationalität, Geschlecht, Behinderung, sexueller Orientierung und Migrationsstatus zu tun haben. Je mehr die Menschen über Diskriminierung wissen, desto besser können sie etwas dagegen tun.

Ideen für mehr Gerechtigkeit und weniger Intersektionalität

Wir setzen uns für gute Ideen ein, wie zum Beispiel für Quoten. So könnte es zum Beispiel verschiedene Quoten für Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst geben: Mindestens 30 Prozent der Führungskräfte sollten weiblich sein, mindestens 20 Prozent der Arbeitskräfte sollten Migrationshintergrund haben. Wir unterstützen diese Idee.

Welche Rolle spielt freiwilliges Engagement beim Thema Intersektionalität?

Freiwilliges Engagement ist enorm wichtig! In der Geschichte haben immer wieder freiwillig engagierte Menschen dafür gesorgt, dass sich unsere Gesellschaft verändert hat. Beispiele hierfür sind das Frauenwahlrecht oder die Abschaffung der Sklaverei. Veränderungen sind oft nur mit freiwilligem Engagement und dem Druck der Bürger*innen möglich.

Wie kann freiwilliges Engagement noch stärker werden?

Im Moment ist es so, dass das meiste Geld für freiwilliges Engagement vom Staat kommt. Da kann es für freiwillig Engagierte manchmal schwierig sein, Politiker*innen oder neue Gesetze zu kritisieren. Viele Engagierte haben dann Angst, dass ihnen der Staat das Geld kürzt. Diese Angst führt dann manchmal dazu, dass sich freiwillig Engagierte nicht trauen, spontan auf politische Entscheidungen zu reagieren. Das muss sich ändern.

Freiwillige engagagierte Menschen sollten ein Recht auf bestimmte Gelder haben. Der Grund ist ganz einfach: Freiwillig Engagierte leisten Arbeit, die eigentlich der Staat übernehmen sollte. Das ist es nur logisch, dass dieses freiwillige Engagement auch finanziert werden muss. Denn durch eine feste Bezahlung können freiwillig engagierte Organisationen viel stärker, viel besser und selbstbewusster auftreten.


Anmerkung: Dieser Text ist die Zusammenfassung des Interviews mit Dr. Emilia Zenzile Roig. Dr. Roig ist Gründerin und Direktorin des Center for Intersectional Justice (CIJ) in Berlin. Sie promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Science Po Lyon.


Hinweis: Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im SonderInfoletter #2 der Kampagne »Engagement macht stark!« des BBE am 8. Dezember 2021 zum Themen-Schwerpunkt »Engagement und Inklusion«.


Beitrag im Newsletter Nr. 6 vom 24.3.2022
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