Beitrag im Newsletter Nr. 9 vom 6.5.2021

Wie erreichen wir in der Pandemie neue Zielgruppen?

Nina Schröter

Inhalt

Mit Code die Welt verbessern
Pandemie tut jugendlichem Engagement keinen Abbruch
Gegen Rollenklischees in der Techszene
Und wie erreichen wir jetzt neue Zielgruppen?
Autorin
Redaktion

Mit Code die Welt verbessern

Bei Jugend hackt kommen Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren zusammen, um gemeinsam »mit Code die Welt zu verbessern«, wie es in unserem Motto heißt.

Jugend hackt ist damit genau an der Schnittstelle von jungen Menschen, digitalem Engagement und dem Wunsch, etwas zu bewegen. In Wochenend-Hackathons und diversen Workshopangeboten – analog und digital – arbeiten die Jugendlichen gemeinsam mit ehrenamtlichen Mentor*innen an Projekten, die gesellschaftliche oder persönliche Herausforderungen aufgreifen und nach kreativen Lösungen suchen.

Pandemie tut jugendlichem Engagement keinen Abbruch

Dabei entstehen zum Beispiel Projekte wie Germany says welcome, eine App für geflüchtete Menschen, die tatsächlich von der Landesregierung NRW aufgegriffen wurde, Projektideen zu digitalem Unterricht in Zeiten der Pandemie und Projekte zu Umwelt- und Klimaschutz und zu digitaler Sicherheit. Die Projektideen geben einen guten Einblick, welche Themen die Jugendlichen beschäftigen und decken sich auch mit den Ergebnissen des Engagementberichts der Bundesregierung: Junge Menschen sind engagiert, egal, ob analog oder digital. Neben leichten pandemiebedingten Ermüdungserscheinungen können wir auch selbst nach einem Jahr rein digitaler Angebote keinen großen Unterschied im Engagement feststellen.

Weitere Informationen zum Projekt Germany says welcome

Weitere Informationen zu den Projektideen zu digitalem Unterricht

Zum Dritten Engagementbericht der Bundesregierung

Gegen Rollenklischees in der Techszene

Ein Aspekt, der seit unserer Gründung 2013 eine große Rolle bei Jugend hackt spielt, ist die Diversität. Als Angebot für programmierbegeisterte Jugendliche stehen wir vor der Herausforderung, dass die Technikszene im Grundsatz immer noch weiß, männlich und hetero geprägt ist. Unser erklärtes Ziel ist es, die hinter diesem Klischee stehenden Strukturen aufzubrechen.

Dafür haben wir in den letzten Jahren bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen: Wir reservieren Diversity-Plätze, die dafür sorgen, dass bei den Anmeldungen für unsere Veranstaltungen unterrepräsentierte Gruppen priorisiert werden. Wir haben mit »Mädchen vernetzen« ein Event geschaffen, das sich ausschließlich an Mädchen richtet und ihnen einen Raum gibt, in dem sie sich ausdrücken können, ohne von Jungen beurteilt zu werden. Wir sprechen außerdem für alle unsere Angebote gezielt weibliche Mentor*innen an. Tatsächlich ist es uns auch gelungen, in den letzten Jahren den Mädchenanteil bei unseren Veranstaltungen deutlich auf mittlerweile rund 30 Prozent zu erhöhen.

Weitere Informationen zum Event »Mädchen vernetzen«

Trotz dieser Bemühungen und der ersten Erfolge, die wir vor allem in puncto Gender sehen, ist die Diversität bei Jugend hackt aber durchaus ausbaufähig: Die teilnehmenden Jugendlichen gehen überwiegend auf weiterführende Schulen, die meisten unserer Mentor*innen studieren, fast alle sind weiß.

Unsere Erfahrungen bestätigen, was der Engagementbericht zeigt: Junge Menschen sind extrem engagiert, digitales Engagement steht durchaus auch hoch im Kurs. Allerdings zeigt sich auch: Das betrifft vor allem junge Menschen mit hoher formaler Bildung. Junge Menschen, die beispielsweise auf die Hauptschule gehen, engagieren sich deutlich weniger digital, was u.a. mit den selbst als gering wahrgenommenen digitalen Kompetenzen zu tun hat. Interessanterweise lassen sich diese Unterschiede im digitalen Engagement nicht mehr feststellen, wenn die Jugendlichen bereits in anderen Kontexten schon engagiert sind – dann engagieren sie sich auch digital ganz selbstverständlich.

Und wie erreichen wir jetzt neue Zielgruppen?

Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass rein digitales Engagement – wie es in der aktuellen Zeit durch die Pandemie hauptsächlich stattfindet – nicht gut geeignet ist, neue Zielgruppen anzusprechen. Wir haben daher die letzten Monate dafür genutzt, uns intern viel mit Diskriminierungsstrukturen, Diversität und Anti-Bias-Ansätzen auseinander zu setzen, uns selbst kritisch zu hinterfragen und mit denjenigen jungen Menschen, die wir bereits erreichen, darüber zu diskutieren, wie wir in Zukunft unserem Anspruch an Diversität gerechter werden können.

Ein Ergebnis dieses Prozesses ist, dass wir gemeinsam mit den Jugendlichen und Mentor*innen unseren Code of Conduct (Verhaltenskodex) überarbeitet haben. Während der alte Code of Conduct vor allem eine luftige Absichtserklärung war, für mehr Diversität einstehen zu wollen, soll der neue Text (ab Mitte Mai online) einen verbindlichen Rahmen schaffen und dadurch Jugend hackt möglichst zu einem Safe Space für alle machen.

Wir haben uns dafür in zwei digitalen Workshops mit allen interessierten Personen getroffen und zunächst gesammelt, was wir an unserem Code of Conduct verändern wollen. Wir wollten klare Regeln definieren, wie wir bei Jugend hackt miteinander umgehen und welches Verhalten wir nicht tolerieren. Gleichzeitig wollten wir auch mögliche Konsequenzen aufzeigen, wie wir damit umgehen, wenn diese Regeln nicht eingehalten werden.

Der Code of Conduct ist natürlich nur der erste Schritt hin zu mehr Diversität und mehr Sensibilität für Machtstrukturen. Uns war aber wichtig, uns zunächst mit den internen Strukturen zu beschäftigen. Bisher haben wir uns vor allem innerhalb unserer eigenen Blase auseinandergesetzt, der nächste Schritt ist, unsere Ideen und Gedanken tatsächlich auch mit Personen zu besprechen, die von Diskriminierung betroffen sind.

Ist der Code of Conduct in der neuen Fassung auch für Menschen verständlich, die sich noch nicht in aller Tiefe mit diskriminierenden Strukturen beschäftigt haben? Wie wirkt er auf Personen, die von beispielsweise Rassismus oder Ableismus betroffen sind? Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns, aber wir sind auch froh, dass die Pandemie uns die Möglichkeit für mehr Selbstreflektion gegeben hat. Für alle anderen, die sich auch fragen, wie sie diversere Zielgruppen erreichen können, empfehlen wir daher: Macht euch gemeinsam mit euren Communities ebenfalls auf den Weg, die eigenen Strukturen kritisch zu hinterfragen!

Zur Webseite von Jugend hackt


Beitrag im Newsletter Nr. 9 vom 6.5.2021
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.

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Autorin

Nina Schröter ist Projektmanagerin bei Jugend hackt. Sie ist studierte Politikwissenschaftlerin und hat vorher viele Jahre Beteiligungsprozesse konzipiert und begleitet. Bei Jugend hackt ist sie für die Netzwerkkoordination zuständig.

Kontakt: nina.schroeter@okfn.de


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