Die Schaffung einer interaktiven Plattform für die deutsch-französischen kommunalen Partnerschaften
Andreas Wolter, Bürgermeister der Stadt Köln
Inhalt
I. Vorbemerkung:
II. Interaktive Plattform für den Ausbau der Städtepartnerschaften:
Autor
Redaktion
I. Vorbemerkung:
Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass einer der Hauptgründe für das enge Verhältnis, welches Frankreich und Deutschland seit Jahrzehnten verbindet, die Verankerung der Freundschaft in den Kommunalpartnerschaften ist. Es sind gerade diese zahlreichen Partnerschaften – manche sprechen von 2200 –, die als Beleg für den regen Austausches der beiden Kulturen dienen. Es ist eben nicht nur die politische Ebene, die an dem jeweils anderen Land interessiert ist. Auch die kommunale, die zivilgesellschaftliche, Ebene ist neugierig, aktiv und innovativ, wenn es um die jeweils andere Kultur und Sprache geht. Dazu gehört im Übrigen auch der Sport. Die Beispiele hierfür sind Legion.
Heutzutage kommt jedoch etwas hinzu, was 1963 oder 1985 noch nicht existent war. Es ist die Erkenntnis, dass das Gewordene, vielfach Normale und damit oft zu Selbstverständliche, in Gefahr geraten könnte. Deshalb ist es im Angesicht der Europäischen Krise, der COVID Gefahr und des Brexits doppelt wichtig, dass der Motor der deutsch-französischen Partnerschaft gerade auch auf kommunaler Ebene funktionsfähig bleibt. Nicht nur weil sich die beiden nach Russland bevölkerungsstärksten Länder des Kontinents gut verstehen sollen, sondern auch weil sie Europa voran bringen. Warnzeichen, Zeichen der langsamen Lockerung der Bindung, gibt es genug. So nimmt das Interesse der deutschen Jugend an der französischen Sprache signifikant ab. In vielen Schulen kommen keine Leistungskurse mehr zustande. So sank in den vergangenen 50 Jahren der Anteil der Sprache für das Abiturjahr von 46 auf unter 20 Prozent. In Frankreich sieht es ähnlich aus. Die Partnerschaft braucht daher einen starken neuen Impuls; nicht nur auf schulischem Gebiet.
II. Interaktive Plattform für den Ausbau der Städtepartnerschaften:
Aber der alte Spruch Hölderlins, der eine Zeit in Bordeaux verbrachte, gilt auch hier: Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Es ist vor einigen Jahren vom Deutsch-Französischen Institut (dfi) in Ludwigsburg festgestellt, dass die Kommunalpartnerschaften zwar etwas unter Druck sind, aber dass sie dennoch eine erstaunenswerte Anzahl an qualitativ hochstehenden Aktivitäten vorweisen können. Ebenso war festzustellen, dass sich die Themen durchaus der Aktualität anpassten. Eine Todesanzeige wäre daher verfrüht. Im Gegenteil. Es gab jedoch bisher immer einen großen Nachteil. Er lautete: Die Akteure wissen oft innerhalb ihrer Nation nichts voneinander und auch nicht transnational.
In Erkenntnis dessen haben sich letztes Jahr der Deutsch-Französische Ausschuss (DFA) im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) sowie dessen französischer Partner (AFCCRE) das dfi zusammengeschlossen und eine interaktive Plattform für die deutsch-französischen kommunalen Partnerschaften ins Leben gerufen.
Das Projekt startete im August 2020 mit dem Definieren der Hauptanforderungen. Der Name der Plattform ist »jumelage.eu«. Zum Ablauf ist folgendes zu sagen: Im Laufe des Monats August 2020 stellte das dfi das Projektteam zusammen und verteilte die Aufgaben. Zurzeit besteht es aus zwei französischen (Valérie Lejeune und Bénédicte King) und zwei deutschen Vertreter/-innen (Frank Baasner und Lea Leistenschneider). Ihnen obliegt die redaktionelle Arbeit. Anfang September fand eine Arbeitssitzung in Köln im Hinblick auf die technischen Abläufe statt. Anschließend folgte die Vereinbarung eines »Key visuals« mit den Projektverantwortlichen des DFA und des AFCCRE. Daraufhin folgten im Laufe des Monats September mehrere virtuelle Workshops mit deutschen und französischen Kommunen. Ziel war es, die Erwartungen und Wünsche der mehr als 30 Kommunen mit ihren jeweiligen Partnerschaften in den dynamischen Gestaltungsprozess der Plattform einbringen zu können. Es wurden sowohl kleine als auch größere, aber auch ländliche und urbane Kommunen miteinbezogen. Am 30. September fand ein hybrides Seminar im Deutsch-Französischen Institut statt, wo das erste Zwischenfazit gezogen wurde. Per Video diskutierte eine deutsch-französische Arbeitsgruppe vor Ort mit weiteren Kommunen und Projektträgern über den Zwischenstand. Es entstand eine Liste von konkreten Verbesserungsvorschlägen, die in die nächsten Programmschritte einflossen. Im Oktober erfolgte die Doppelung in französischer Sprache. Die Übersetzungsarbeit übernahm das Projektteam des dfi. Am 23. Oktober stellte dfi-Direktor Frank Baasner die schon weitgehend abgeschlossenen Programmierungsarbeiten auf der Sitzung des RGRE-Hauptausschusses vor und erhielt eine sehr positive Replik.
Daraufhin fanden Anfang November weitere Workshops mit französischen Gemeinden statt, wo ebenfalls die Zustimmung zu den bisherigen Arbeiten groß war. In seinen Netzwerken forderten der DFA und die AFCCRE ihre Mitglieder zur Einsendung von Beispielprojekten auf. Daraufhin erhielt das dfi eine unerwartet hohe Zahl von Beispielen zugesandt. Als Folge davon musste zusätzliche Arbeitskapazität angefordert werden, da die Arbeit des Übersetzens und Einfügens bei weitem den geplanten Aufwand überstieg.
Aufgrund der Corona Pandemie konnten die ursprünglich geplanten zwei Kickoff-Veranstaltungen nicht stattfinden. Sie wurden durch eine zentrale, zweisprachige orchestrierte Auftaktveranstaltung in Form einer Video-Sendung auf dem YouTube-Kanal des dfi ersetzt. Im Nachhinein gab es zahlreiche Zuschauer und spätere Zugriffe auf das YouTube Video. Dies belegt das große Interesse an der bilingualen Plattform. Nach der Kickoff-Sendung begannen zahlreiche Gemeinden und Städte mit der Öffentlichkeitsarbeit für die Plattform. Zudem kamen zahlreiche Wünsche nach Vernetzung bzw. Verlinkungen von Organisationen und Initiativen, die oftmals selbst Plattformen mit ähnlichen Themen betreiben. Diese Anregungen wurden zunächst gesammelt und sollen im nächsten Projektschritt bearbeitet werden.
Insgesamt konnten ca. 50 kommunale Partnerschaften zur aktiven Mitwirkung gewonnen werden. Die Spannbreite ist sehr weit und reicht von Großstädten bis hin zu kleinen Kommunen. Die Plattform bietet den insgesamt 2300 existierenden Städtepartnerschaften digitale Möglichkeiten an, um sich besser entfalten und austauschen zu können. So haben Kommunen und Vereine, die sich in Partnerschaften engagieren, die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen. Die nächsten Schritte für 2021 sind in Planung.
Beitrag im Newsletter Nr. 1 vom 28.1.2021
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.
Autor
Andreas Wolter (Grüne) wurde von den Wählerinnen und Wählern in den Jahren 2004, 2009, 2014 und 2020 jeweils direkt in den Kölner Rat gewählt. Der Stadtrat wählte ihn erneut am 5. November 2020 zum Bürgermeister der Stadt Köln. Andreas Wolter wurde 1964 in Schleiden in der Eifel geboren, er lebt in einer eingetragenen Partnerschaft und hat zwei Töchter. Er arbeitet als Diplom-Betriebswirt im Rechnungswesen eines Dienstleistungsunternehmens. Neben seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Ratsmitglied, Bürgermeister und erstem Stellvertreter von Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist er Vorsitzender vom Klima-Bündnis und Vorsitzender des Deutsch-Französischen Ausschusses im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE).
Kontakt: andreas.wolter@stadt-koeln.de
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