Inhalt
Umgang mit Projektänderungen
Änderungen mit der nächsten Einreichfrist
Offene Fragen
Das zukünftige Programm »Citizens, Equality, Rights and Values« 2021-2027
Endnoten
Autorin
Redaktion
Die Einschränkung der Mobilität auf globaler Ebene aufgrund der Corona-Pandemie verursacht nicht nur eine Wirtschaftskrise, von der jetzt alle Länder der Welt betroffen sind. Die Einschränkung der Mobilität hat auch einen großen Einfluss auf die Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft, die in europäischen Programmen wie »Europa für Bürgerinnen und Bürger« involviert sind und jetzt ihre transnationalen Projekte nicht mehr wie geplant durchführen können. Als die Corona-Pandemie ausgebrochen ist, befanden sich einige Antragsteller/innen in der Mitte ihrer geförderten Projekte, einige waren fast am Ende und einige hatten ihr Projekt sogar noch gar nicht gestartet. Welche Möglichkeiten haben nun - technisch betrachtet – Antragsteller/innen von Projekten, die im Programm »Europa für Bürgerinnen und Bürger« gefördert wurden? Was ändert sich mit der nächsten Antragsfrist? Und welches Risiko bringt das Coronavirus für die EU-Programme und somit die Förderung der Unionsbürgerschaft mit sich?
Umgang mit Projektänderungen
Aufgrund der aktuellen Notfallsituation sind Antragsteller/innen gezwungen, die für sich passende Lösung zu finden: Einige werden eine Veranstaltung absagen, verschieben oder vielleicht verändern, indem sie zum Beispiel aus einer Präsenz- eine Onlineveranstaltung machen. Anderen bleibt leider keine Alternative, außer ihr ganzes Projekt abzusagen. Alle Veränderungen, einschließlich einer Totalabsage, welche die Antragsteller/innen an ihrem ursprünglichen Projektplan vornehmen, müssen sie der EACEA kommunizieren. In Ihrer schriftlichen Anfrage bedarf es der Schilderung der aktuellen Lage ihres Projektes mit der Erklärung, warum es unmöglich sei, das Projekt wie geplant voranzutreiben. Die schließlich vorgestellten Projektänderungen sollten dann in der Regel von der EACEA aufgrund höherer Gewalt genehmigt werden.
Online-Veranstaltungen, für die wir alle seit Anfang der Pandemie inzwischen Expert/innen geworden sind, lassen sich auch im Rahmen des Programms »Europa für Bürgerinnen und Bürger« als Alternative zu persönlichen Meetings durchführen. Wenn im Rahmen eines Projektes (selbstverständlich nach der Genehmigung der EACEA) beispielsweise ein Webinar anstatt einer Abschlusskonferenz durchgeführt wird, müssen Projektkoordinator/innen an Nachweise denken, die für ihren Abschlussbericht notwendig sein könnten. Zum einen müssen sie anhand von Dokumenten in der Lage sein zu beweisen, wie viele Teilnehmende und aus welchen Ländern an der Onlineveranstaltung tatsächlich partizipiert haben; dafür eignen sich Instrumente wie eine Onlineevent-Registrierung, in der Teilnehmende ihre Nationalität mitteilen, oder ein Evaluationsbogen mit dem Hinweis auf die Herkunftsländer der Teilnehmenden. Zum anderen müssen Antragsteller/innen aufzeigen, dass die Veranstaltung ordnungsgemäß durchgeführt wurde; dafür eignet sich am besten die Aufnahme des Treffens und der anschließende Upload auf Kanäle wie YouTube oder Vimeo. Diese und weitere Informationen finden Antragsteller/innen auf der Webseite der EACEA [1].
Änderungen mit der nächsten Einreichfrist
Viele Vertreter/innen von Vereinen, Kommunen und Institutionen, die auf der Suche nach Förderungen für ihre europäischen Projekte sind, stellen sich nun die Frage, was sich mit der nächsten Einreichfrist technisch ändern wird. Die nächste und letzte Deadline im Programm »Europa für Bürgerinnen und Bürger« ist der 1. September 2020 und betrifft die Förderlinien »Bürgerbegegnungen«, »Vernetzung von Partnerstädten« und »Projekte der Zivilgesellschaft«. Dadurch, dass momentan nicht vorhersagbar ist, inwieweit das Coronavirus ab 2021, d.h. wenn die Projekte starten sollten, unsere Leben und unsere Mobilität beeinflussen wird, sollten sich die Bewerber/innen an die Regeln der Antragstellung wie vor der Krise halten. Die einzige Neuigkeit im Vergleich zu den vergangenen Calls bezieht sich auf die Möglichkeit (also kein »Muss«), einen eventuellen Plan B mit alternativen Lösungen zu erwähnen, im Fall von weiterhin bestehenden Mobilitätseinschränkungen.
Offene Fragen
Trotz der Informationen der EACEA bleibt viel Ungewissheit bestehen: Es ist beispielsweise nicht bekannt, ob es, im Fall einer weiteren Mobilitätseinschränkung im Jahr 2021, für die Antragsteller/innen, die für die nächste Frist beantragen, die Projektdurchführung verschoben werden kann. Wird also die EU die gleiche Flexibilität wie jetzt auch in Zukunft verwenden? Es ist weiterhin nicht geklärt, ob diejenigen Projekte, in denen ein Onlineevent statt der im Antrag geplanten physischen Veranstaltung durchgeführt wird, am Ende des Projektes doch weniger Förderung bekommen werden als beantragt, da durch ein Onlineevent kaum Kosten entstehen. Und schließlich die größte und wahrscheinlich wichtigste Frage: Wie wird die Pandemie das zukünftige Programm für die nächsten sieben Jahre beeinflussen?
Das zukünftige Programm »Citizens, Equality, Rights and Values« 2021-2027
Im »Partial Agreement« dem bisherigen Verhandlungs(zwischen)ergebnis zwischen dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament wurde bisher vereinbart, dass das Programm »Europa für Bürgerinnen und Bürger« ab 2021 gemeinsam mit dem Programm »Rights, Equality and Citizenship« (REC) in einem neuen Programm mit dem Name »Citizens, Equality, Rights and Values« (CERV 2021-2027) aufgehen wird. Im neuen Programm CERV soll es neben den Säulen »Equality and Rights«, »Citizens engagement and participation« und »Daphne« eine vierte geben: »Werte der Union«, die direkt an NGOs und die Zivilgesellschaft gerichtet ist. Die Bandbreite der Schwerpunktthemen soll sich somit erweitern und der Zivilgesellschaft bessere Chancen geben: nicht nur die Förderung der demokratischen Partizipation und des Verständnisses der Europäischen Union sollen im Fokus des zukünftigen Programms stehen, sondern auch Antidiskriminierung, Geschlechtergleichstellung, Rechtsstaatlichkeit, Bekämpfung der Gewalt an Risikogruppen und Unterstützung von Gewalt und Diskriminierung betroffener Gruppen.
Derzeit finden die Verhandlungen für das Multiannual Financial Framework statt, im Rahmen dessen die Budgets der EU-Programme für die nächste Förderperiode 2021-2027 entschieden werden. Aufgrund der Corona-Krise gibt es nun das große Risiko, dass sich die EU in ihrer Entscheidung hauptsächlich auf die konjunkturelle Erholung fokussieren wird und somit für die Bürgerprogramme, die der Zivilgesellschaft eine Stimme geben, nicht genug Budget einräumen wird. Die Krise aus einer reinen Wirtschaftsperspektive zu behandeln bedeutet allerdings, sich auf eine kurzfristige und unmittelbare Lösung zu konzentrieren, ohne die langfristigen Konsequenzen zu berücksichtigen. Denn eine fehlende Investition in Bereichen wie Demokratie, Geschichtsbewusstsein, Rechte, Freiwilligentätigkeiten, Solidarität, Kultur sowie aktive Bürgerschaft würde das Sozialgefüge und die EU selbst auf Dauer gefährden. Außerdem kann sich nur durch eine solche Förderung einer resilienten Gesellschaft die EU von dieser Krise vollkommen erholen.
Um die Aufmerksamkeit wieder auf die EU-Programme zu lenken, haben alle nationale Kontaktstellen des Programms »Europa für Bürgerinnen und Bürger« die Petition »Supporting Active Citizenship to build resilient societies and foster transnational cooperation« [2].gestartet. Wir als Kontaktstelle Deutschland laden alle ein, diese Petition zu unterzeichnen und zu verbreiten! Mehr denn je muss die Zivilgesellschaft alle ihre Netzwerke aktivieren und zusammen mit den Akteurinnen und Akteuren aus ihrem Umfeld kooperieren, um sich Gehör zu verschaffen. Lasst uns zusammen kämpfen, damit im Rahmen der Verhandlungen dem Programm »Citizens, Equality, Rights and Values« die ihm zustehende Relevanz gegeben wird, damit die EU in dieser Krise die Bedeutung einer aktiven Bürgerschaft nicht vergisst!
Endnoten
[1] https://eacea.ec.europa.eu/europe-for-citizens_en
Beitrag in den Europa-Nachrichten Nr. 5 vom 28.5.2020
Für den Inhalt sind die Autor*innen des jeweiligen Beitrags verantwortlich.
Autorin
Silvia Bonadiman ist Förderberaterin bei der Kontaktstelle Deutschland des EU-Programms »Europa für Bürgerinnen und Bürger«. Nach dem Bachelorstudium in Soziologie in Italien, ihrem Heimatland, und dem Masterstudium in Soziologie und Sozialforschung an der Philipps-Universität Marburg, war sie an letzterer wissenschaftlich tätig. Sie ist in den Bereichen Feminismus und Antidiskriminierung politisch engagiert.
Kontakt: Bonadiman@kontaktstelle-efbb.de
Weitere Informationen: https://www.kontaktstelle-efbb.de
Redaktion
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