Gipfel der Digitalen Nachbarschaft
Der Digitalen Nachbarschaftsgipfel 2020 im Herzen Berlins stand ganz im Zeichen des Engagements und der Frage, wie Digitalisierung und Datenkompetenz für neue Möglichkeiten für das Vereinswesen und das Ehrenamt schaffen können. Zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft folgten am 16. September 2020 im Rahmen der Woche des bürgerschaftlichen Engagements der Einladung in den Festsaal der Berliner Stadtmission.
Der Gipfel der Digitalen Nachbarschaft konnte unter den besonderen Bedingungen der Corona-Pandemie mit 50 Gästen vor Ort stattfinden. Für diejenigen, die aufgrund der beschränkten Teilnehmerzahl nicht persönlich dabei sein konnten, übertrug Deutschland sicher im Netz die Veranstaltung in einem Livestream. Über 230 Zuschauer*innen nutzten das Angebot und verfolgten das Programm digital im Livestream und in den zehn Online-Workshops. Das Projekt Digitale Nachbarschaft (DiNa) ist ein Kooperationsprojekt von Deutschland sicher im Netz e.V. (DsiN) und dem BBE.
Bundes-CIO: Digitalisierung macht Engagement effizienter
Dr. Markus Richter, Staatssekretär beim Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik eröffnete die Veranstaltung und betonte in seiner Rede die Bedeutung des Ehrenamts für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland. „Die Digitalisierung zivilgesellschaftlicher Organisationen hat erhebliches Potential, um die gute und engagierte Arbeit von Millionen Freiwilligen und Hauptamtlichen noch effizienter zu machen, um sich auf das Wesentliche – der Arbeit mit den Menschen – zu konzentrieren,“ erklärte Richter.
In den anschließenden Dialog-Panels sprachen die Teilnehmenden über die Veränderungen für die Vereinswelt im Zuge der Corona-Pandemie. So würde die Krise die Vereine einerseits hart treffen, andererseits sei sie aber auch eine Chance für die Arbeit in den Vereinen. So könnten Arbeitsprozesse effizienter auch im digitalen Raum gestaltet werden. Wichtig sei es, das Ehrenamt auf dem Weg zu sicheren digitalisierten Arbeitsprozessen zu unterstützen.
Digitalengangierte Sprecher aus Politik und Engagement-Landschaft
Unter den Panelisten waren Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Andreas Köhnen, Ministerialdirektor und Abteilungsleiter Cyber- und Informationssicherheit im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, Prof. Dr. Christian Kastrop, Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Carola Schaaf-Derichs, Geschäftsführerin Landesfreiwilligenagentur Berlin und Standortleiterin des DiNa-Treffs Berlin-Mitte, Joachim Schulte, Bereichsleiter Verbraucherprojekte Deutschland sicher im Netz e.V., und Katarina Peranic, Gründungsvorständin der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt.
Katarina Peranic betonte besonders die Leistung der DsiN-Projekte, Strukturen vor Ort, wie Freiwilligenagenturen und Mehrgenerationenhäuser als Partner auf Augenhöhe einzubinden. So könnten gute Synergien geschaffen werden. „Die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, dass die Digitalisierung von Engagement und Ehrenamt Begleitung und finanzielle Unterstützung erfordern. Deshalb hat unser gerade aufgelegtes Förderprogramm ‚Gemeinsam wirken‘ das Thema Digitalisierung als Schwerpunkt erhalten“, erklärte sie über die Schnittstellen zu den DsiN-Projekten und ihren Projektstandorten im ganzen Land.
Am zweiten Panel beteiligten sich Henning Baden, DsiN-Bereichsleiter und Projektleiter der Digitalen Nachbarschaft, Louisa Muehlenberg von der Stiftung für Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement in Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Frank Nägele, Berliner Staatssekretär für Verwaltungs- und Infrastrukturmodernisierung und Dr. Thomas Röbke, Vorsitzender des Sprecher*innenrates des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE).
Die Teilnehmenden tauschten sich darüber aus, wie Digitalisierung vor Ort gelingen kann und dabei alle Beteiligten in den Vereinen dabei „mitgenommen“ werden könnten. Digitalisierung müsse in die Vereine integriert werden und sollte nicht von außen auf erzwungen werden.
Auch Witz und Unterhaltung kamen beim Gipfel nicht zu kurz: Die Poetry-Slammerin Ninia LaGrande begeisterte das Publikum mit Anekdoten von lustigen Chatsituationen wie in WhatsApp-Gruppen der Eltern in der KiTa.
Am Abend der Veranstaltung traf DsiN-Geschäftsführer Dr. Michael Littger dann den Bundestagsabgeordneten Dr. Karamba Diaby zum Dialog auf der Bühne. Diaby machte deutlich, dass auch im digitalen Raum Respekt und Verantwortung die Vereine und Gesellschaft prägen müssten. Ein Miteinander, wie er es in seinem Hallenser Kleingartenverein ganz analog erlebe, sei hier ein schönes Vorbild.
Praxisnahe Workshop-Angebote
Der Nachmittag am Veranstaltungstag war geprägt von vielfältigen Workshops rund um die ehrenamtliche Arbeit im digitalen Raum. Dabei gab es sowohl Online-Seminare als auch Angebote vor Ort. Die Workshops behandelten z. B. die Themen „Schnappschuss und dann? Fotos und Videos sicher präsentieren“ oder „Alles online? Vereinskommunikation sicher gestalten“. Auch prominente Unternehmen bereicherten das Workshop-Angebot: So erklärte Ljerka Sternberg von der Deutschen Bahn in „Von den Großen lernen?! Datenschutz im Großkonzern“ vor welchen Herausforderungen große Konzerne beim Thema Datenschutz stehen. Darüber hinaus konnten sich die Gäste zu einem Anti-Hate-Speech-Training der Deutschen Telekom anmelden.
Insgesamt waren mehr als 230 Teilnehmende via Stream und in den Seminarräumen dabei. Zu den Referierenden zählten erfahrene Multiplikator*innen verschiedener Digitalisierungsprojekte und DsiN-Mitglieder. Darunter unter anderem das Projekt D3 der Stiftung Bürgermut, Verein 3.0, vostel, die betterplace academy, die Akademie für Ehrenamtlichkeit mit dem Projekt „Die Verantwortlichen digital“ sowie die DsiN-Projekte Digitaler Engel und Digital-Kompass. Die Veranstaltung unterstrich so noch einmal den Charakter der Digitalen Nachbarschaft als Plattform mit großer Offenheit für das Wissen anderer.
Feierlicher Abschluss und Preisverleihung
Der diesjährige Digitale Nachbarschaftsgipfel bildete den Höhepunkt der am 20. August erstmalig gestarteten Digitalen Woche. In der Zeit bis zum Gipfel am 14. September konnten Engagierte aus ganz Deutschland ihre Projekte zur digitalen Aufklärung und Vereinsarbeit anmelden und so die ganze Bandbreite der Digitalisierung des Ehrenamts aufzeigen. Mehr als 250 Aktionen wurden bereits im ersten Jahr angemeldet.
Am Abend des Gipfels und zum Finale der Digitalen Woche verlieh die Digitale Nachbarschaft erstmalig den „Digitalen Vereinsmeier“ in zwei Kategorien. Der Preis honoriert besonderes ehrenamtliches Engagement und ist mit je 10.000 Euro dotiert. Über den Gewinn für ihre Organisationen freuen konnten sich in der Kategorie „Netzwerkstellen des Ehrenamts“ die Ehrenamtsagentur Frankfurt mit ihrem Projekt „School @Home – Virtual Volunteering für Schüler*innen und Neubürger*innen“. Es vermittelt Nachhilfeunterricht und bringt ehrenamtliche Lernhelfer*innen und Schüler*innen zusammen. So konnte das Projekt vor allem im Zuge der Coronakrise viele Kinder, Jugendliche und Geflüchtete unterstützen.
In der Kategorie für Vereine konnte „ich bin hier e. V.“ die Jury überzeugen. Der Verein setzt sich aktiv gegen Hate Speech im Netz ein und gibt praxisnahe Workshops, in denen die Teilnehmenden Reaktionen und Verhaltensweisen gegen Hassrede erlernen.
Der Preis, der mit Unterstützung von HUAWEI möglich wurde, zählt schon im ersten Jahr zu den vorschlagsberechtigten Preisen für den „Deutschen Engagementpreis“. Die Preisträger*innen sind so nun auch für den bundesweiten Wettbewerb nominiert.